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durch gegebenen Maßstabe — mit einer vielleicht beinahe
eigenmächtigen Selbständigkeit — formt und sich in ihrer Be-
stimmung an die formale Rechtsordnung nicht gebunden erachtet.
Die Beschränkung der „milden Stiftungen“ auf Veranstaltungen,
welche einer ausgesprochenen „Hilfsbedürftigkeit“, und gar auf
diejenigen, welche einerin „ Verarmung“ begründeten Notlage steuern
sollen!?, entspricht aber dieser, wie man sagen darf, „landläufigen‘
Anschauung wenig. Das zeigen schon die zu ihrer Rechtfertigung,
besonders vom Kammergericht, so angelegentlich angestellten Er-
wägungen dialektischer Art, welche sogar dem Juristen bei un-
befangener Betrachtung gezwungen und künstlich erscheinen.
Die natürliche Anschauung wird nämlich, im Gegensatze zu dem
höchstrichterlichen Ausgangspunkte, das Schwergewicht nicht so-
wohl auf die Seite des Empfängers oder auch nur des Erfolges,
sondern des Gebers und der ihn leitenden Beweggründe, und — als
die Quelle, aus welcher diese zu erschließen — des „Zweckes“
(also durchaus im subjektiven, nieht mit Kammergericht und
Reiehsgericht im objektiven Sinne) legen. Im Geiste volkstüm-
licher Denk- und Sprechweise ist alles, was auf der Seite des
Urhebers der Stiftung einem gewissen (ausgeprägten) Edel-
mute, einer Hochherzigkeit, entspringt, „milde“ Stiftung.
Denn das Volk, das auch hier, wie meist — nicht zuletzt in
Dingen des Rechtslebens — naiv und intuitiv das Richtige trifft,
bewertet an diesen Veranstaltungen deren letzten Enderfolg
sachgemäß und nach Gebühr, das kulturfördernde Moment.
Wirtschaftlichen Unternehmungen, welche auf seiten ihres Schöp-
fers in wahrer Selbstlosigkeit oder, wie man gerne sagt, in „Men-
schenfreundlichkeit“ wurzeln, wird mindestens in ihren letzten Aus-
strahlungen dieses Moment nie ganz abgehen. Allen Ernstes
aber ist zu fragen, ob es wirklich berechtigt ist, ob irgend ein
innerer Grund obwaltet, wenn die Rechtsprechung von dieser ein-
13 Notlage = leiblicher (materieller) Not. So — leider! — neuerdings
noch wieder sehr nachdrücklich (und wörtlich) R.Ger: Bd. 80 8. 147.
Archiv des öffentlichen Rechts. N. F. 6. Heft 3. 20