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i. V. m. dem Reichsgesetze zur Ausführung des Art. 13 Abs. II
RV. vom 8 April 1920 (RGBl. S. 510) in Stand gesetzt, die
Ungültigkeit durch eine mit Gesetzeskraft ausgestattete Entschei-
dung des RFH. feststellen zu lassen, an welche die Landesbehörden
sich zu halten genötigt sind.
2. Die Steuerordnungen sollen nicht die Steuereinnahmen des
Reiches schädigen ($ 3). Einen Verstoß gegen diese Vorschrift
kann ein Steuerpflichtiger nicht geltend machen. Hier kann nur
der Reichsfinanzminister eingreifen. Es entscheidet gemäß $ 6 Abs. II
LStG. der Reichsrat!. Entscheidet er im Sinne des Reichsfinanz-
ministers, so müssen die Länder und Gemeinden gemäß $& 4 ihre
Steuerordnung ändern oder aufheben. Die Steuerordnung bleibt,
solange sie nicht aufgehoben oder geändert ist, in Kraft. Im Gegen-
satz zum ersten Falle liegt hier eine lex imperfecta vor, wie die
Begründung zu $ 4 LStG (S. 27) ausdrücklich durch die Bemerkung
anerkennt: „Auf Zwangsmittel glaubte der Entwurf verzichten zu
können.*“
Vorstehende Sätze sind durch die Umformung des Landessteuer-
gesetzes zum Finanzausgleichgesetz vom 23. Juni 1923 nicht betroffen
worden; dagegen ist der $ 5 LStG., welcher das formelle Verfahren
zur Wahrnehmung der Reichsinteressen beim Erlaß neuer Steuer-
ordnungen der Gemeinden und Gemeindeverbände regelte und dessen
Bedeutung das Gutachten des RFH. erläutern sollte, einer völligen,
nunmehr in der Hauptsache eindeutigen Neufassung unterzogen worden.
Auf diese Neugestaltung des Einspruchsrechts des Reichsfinanzmini-
sters haben die Darlegungen des Reichsfinanzhofs entscheidend ein-
gewirkt, jedenfalls in der Weise, daß sie die Lücken und Zweifels-
fragen des früheren Rechtszustandes klarstellten. Ob der Reichs-
ı Der RFH. geht hier nicht auf die starken Bedenken ein, welche
gegen die verfassungsmäßige Zulässigkeit der Bestellung des Reichsrats
als entscheidenden „Gerichts“ in Aufsichtskonflikten bestehen. Grade das
Landessteuergesetz hat in zahlreichen Bestimmungen gegen Art. 19 Abs. I
bzw. gegen Art. 15 Abs. III der RV. verstoßen; beide Bestimmungen fordern
bei Streitigkeiten zwischen Reich und Ländern die Entscheidung eines
Gerichts, als solches ist aber der Reichsrat keinesfalls anzusehen. Vgl.
zu dieser Frage die Darlegungen TrIEPELs, Streitigkeiten zwischen Reich
und Ländern, Festgabe für Kanu 1923 S. 104 ff. Ks ist bedauerlich, daß
auch die Neufassung des Landessteuergesetzes vom 23. Juni 1923 den
bundesstaatlichen Schönheitsfehler nicht beseitigt hat.
Archiv des öffentlichen Rechts. N. F. 6. Heft 3. 22