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und sonstiges Nutzvieh zu verstehen sei, das in der Hauptsache zu
Lebzeiten wirtschaftlich verwertet werden soll. Das Gutachten spricht
sich aus diesem Grunde für die Vereinbarkeit der emeindesteuern
auf das Halten von Vieh mit dem Reichsrecht aus. — Freilich setzt
der RFH. in diesem Erkenntnis vom 11. Januar 1922 ohne weiteres
voraus, der $ 13 des Zolltar.Ges. sei auch nach dem Inkrafttreten
der neuen Reichsverfassung und des Landessteuergesetzes noch Bestand-
teil des geltenden Finanzausgleichsrechts, stelle also eine reichsrecht-
liche Schranke für die Gemeinden beim Erlaß neuer Steuerordnungen
dar. In dem kurz darauf (1. Mai 1922) ergangenen Beschluß des
großen Senats Bd. 9 S. 123 wird als Leitsatz festgestellt: „Der Zoll-
vereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867 ist, soweit es verfassungsrecht-
liche Bestimmungen z. B. solche über Abgrenzung der Steuerhoheit
zwischen Reich, Ländern und Gemeinden enthält, durch Art. 178 I
der Reichsverfassung vom 11. August 1919 aufgehoben.“ Dem Er-
gebnis dieses Satzes ist auf jeden Fall zuzustimmen: Art. 40 der
Reichsverfassung von 1871 erhielt die Bestimmungen des Zollver-
einigungsvertrages vom 8. Juli 1867 ausdrücklich aufrecht, soweit die
Verfassung nicht entgegenstand, und bestimmte weiter, daß die Normen
des Vertrages in Zukunft nur durch verfassungsänderndes oder ein-
faches Reichsgesetz, oder (soweit es sich um Verwaltungsanordnungen
handelte) durch Bundesratsbeschluß, nicht aber durch Vereinbarung
unter den Vertragsstaaten abgeändert werden könnten. Welche der
drei Abänderungsmöglichkeiten bei den einzelnen Vertragsbestimmungen
angewandt werden müsse, war in der Literatur zweifelhaft; jedoch
bestand Uebereinstimmung darüber, daß die Vorschriften über Gegen-
stände, welche nicht unter die gesetzgeberische Kompetenz des Reiches
fielen (dazu gehörte auch Art. 5 Zoll.Ver.Vertr., der im II. Abschnitt
Schranken für die landesrechtliche Besteuerung der inländischen Er-
zeugnisse aufstellte) nur im Wege der Verfassungsänderung beseitigt
werden könnten *. Die Vorschrift, daß eine Norm nur in der für
Verfassungsänderungen vorgeschriebenen qualifizierten Form abgeändert
* Vgl. LABAnD StR.I, 395 ff.; MEYER-AnscaÜürz StR. S. 910 ff. daselbst
weitere Angaben. Ebenso auch der RFH. in dem im Text besprochenen
Beschluß S. 128; freilich handelt es sich in $ 7 des Art. 5 Abschnitt II
Zollver.Vertr. nicht um eine Abgrenzung der Steuerhoheit von Reich, Län-
dern und Gemeinden, sondern um eine Schranke, die das Reich den Unter-
verbänden aus außersteuerlichen Rücksichten setzt, ohne selbst die Objekts-
hoheit der ausgeschlossenen Gegenstände in Anspruch zu nehmen.