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nicht erhoben ist) übereinstimmend mit den übrigen Gebietsteilen des
Deutschen Reichs als in Kraft getreten anzusehen sind; die (in der
Regel im letzteren Sinne zu entscheidende) Frage bleibt in dem Urteil
ungelöst, weil bloße Ausführungsverordnungen, die gegenüber den
bereits vorgelegten Normen keine neue Rechtslage schaffen, der Vor-
legungspflicht nicht unterworfen sind.
Nicht selten sind in den letzten Jahren steuerrechtliche Normen
vom Gesetzgeber mit rückwirkender Kraft? ausgestattet wor-
den; mit der Zulässigkeit und Wirkung dieser Rückwirkungsklausel
beschäftigen sich mehrere grundlegende Erkenntnisse des RFH. Vom
wirtschaftlichen und verfahrenstechnischen Standpunkt aus ist die Rück-
wirkung steuerrechtlicher Normen (die sachlich heute meist eine schärfere
Behandlung der in der Vergangenheit liegenden Steuerfälle zur Folge
hat) unerwünscht: sie wirft die Berechnungen des Steuerpflichtigen
um und macht die bereits geleistete Arbeit der Verwaltungsbehörden
unproduktiv. Aus diesen Gründen ist z. B. in $ 11 Ver.Zoll.Ges.
bestimmt, daß Abänderungen des Tarifs in der Regel 8 Wochen vor
dem Inkrafttreten verkündet werden sollen. Diese und ähnliche Be-
stimmungen sind aber nicht als gesetzliches Verbot der Rückwirkung
aufzufassen; grundsätzlich kann auch im Steuerrecht jede neue Norm
mit rückwirkender Kraft ausgestattet werden; dies gilt sowohl für
Gesetze, wie auch für Ausführungsbestimmungen und andere Ver-
ordnungen, namentlich aber (was praktisch am bedeutsamsten ist) für
die Abänderung von Verordnungen, die sich nicht bewährt haben.
Einer besonderen Ermächtigung der verordnenden Stellen, ihren
Erlassen rückwirkende Kraft zu verleihen, bedarf es im allgemeinen
nicht (Bd. 5 S. 274 ff.; Bd. 9 S. 151). Dagegen ist zu verlangen,
daß die rückwirkende Kraft den in Frage kommenden Bestimmungen
durch ausdrückliche Vorschrift beigelegt wird (Bd. 8
se Was unter „Rückwirkung“ zu verstehen sei, kann zuweilen zweifel-
haft sein: Bd. 7 S. 267 ist von der „Anwendung des $ 2 LStG. mit rück-
wirkender Kraft“ die Rede; als solche wird die (bestrittene) Fähigkeit
dieser Norm bezeichnet, auch die z. Z. des Inkrafttretens des LStG. gelten-
den Landesgesetze wegen Unvereinbarkeit mit dem Reichsrecht zu be-
seitigen. Das ist sicher keine Rückwirkung, denn die Beseitigung des
Landesrechts kann nur ex tunc (d.h. vom Zeitpunkt der Geltung
des LStG. an) erfolgen. Auslegungsfrage ist es, ob dieser $ 2 sich nur
auf neue Landessteuerordnungen oder auch auf bereits bestehende bezieht.
Der RFH. nimmt letzteres mit Recht an.