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dasjenige Tatbestandsmoment, welches das anzuwendende Recht be-
stimmt. Unterbleibt durch Verschulden des Zollpflichtigen die Ge-
stellung der auf Begleitschein I überwiesenen Waren und wird die An-
meldung vorschriftswidrig zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen,
in dem ein für den Schuldner günstigeres Tarifrecht gilt, so hat dieser
doch nicht Anspruch auf den Vorteil, der durch die Rechtsänderung
eingetreten ist; er ist vielmehr nach den Vorschriften zu behandeln,
„die an dem Tage gültig sind, an dem über die Waren tatsächlich so
verfügt wird, als wären sie im freien Verkehr,“ denn dieser Zeitpunkt
gilt mittelbar als maßgebend für den Regelfall, daß die gesetzlichen
Vorschriften über Anmeldung und Gestellung beachtet werden (Bd. 3
S. 286). Andrerseits muß aber betont werden, daß nur dann der
Zeitpunkt der Abfertigung maßgebend für das anzuwendende Gesetz
ist, wenn eine Zollpflicht durch das primäre Tatbestandsmoment der
Grenzüberschreitung überhaupt gegeben war ($ 1 Zolltarif-Ges.); daher
entfällt jede Verpflichtung zur Zollzahlung, wenn die Waren nach den
im Zeitpunkt des Passierens der Grenze gültigen Gesetzen nicht
zollpflichtig waren, mag auch zur Zeit der Gestellung inzwischen
ein Zoll für diese Warengattungen angeordnet worden sein (Bd. 5
S. 215). — Einen nach $ 9 Abs. II Ver.Z.Ges. entschiedenen Einzel-
fall behandelt das Urteil Bd. 3 S. 226: Vor Inkrafttreten des
Friedensvertrages gehört dessen Art. 269 Abs. I nicht zu den nach $ 9
Abs. II Ver.Zoll.Ges. anzuwendenden Normen; ebensowenig aber ein
Beschluß der interalliierten Rheinlandkommission, welcher der deut-
schen Behörde erst nach dem Tage der Abfertigungsgestellung be-
kanntgegeben worden ist. — Beim Branntweinmonopolausgleich ist im
Gegensatz zum Zollrecht der Tag der Abfertigung nicht entscheidend für
das anzuwendende Recht; er bestimmt nur den Tag der Fälligkeit der Ab-
gabe, die allein nach den z. Z. des Grenzübertritts maßgebenden Bestim-
mungen geschuldet wird; daher ist die Anspruchsentstehung mit der Tat-
sache der Einfuhr beendet und eine bis zur Ueberführung in den freien
Verkehr erfolgte Gesetzesänderung vermag den Anspruch nicht mehr zu
verändern (Bd. 8 S. 148). — Ist — wie nach Tabaksteuerrecht — der
Zeitpunkt der „Entrichtung“ der Abgabe maßgebend für das anzu-
wendende Gesetz, so hat nach Auffassung des RFH.s der Tag der „Fällig-
keit“, nicht der „tatsächlichen Zahlung“ zu gelten (Bd. 11 S. 49). —
Schon mehrfach wurde im Laufe unserer Darstellung die Verein-
barkeit einer Norm mit einer anderen untersucht, ohne daß bisher all-
Archiv des öffentlichen Rechte. N. F. 6. Heft 3. 23