Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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Gesetz zur Durchführung zu bringen? Ist eine solche Bestimmung 
als Rechtsverordnung oder als Verwaltungsvorschrift zu werten? M. E. 
ist diese Frage, die der RFH.nur gelegentlich in anderem Zusammen- 
hange streift, allgemein im weiteren Sinne zu entscheiden. Stellt 
sich heraus, daß die Ausführung eines Gesetzes ohne Ausfüllung 
einer vom Gesetzgeber unabsichtlich gelassenen Lücke unmög- 
lich ist, so muß man den mit der Ausführung betrauten Minister 
für befugt erachten, diese Lücke nach seinem Ermessen im Sinne 
(aber nicht im Rahmen) des Gesetzes auszufüllen und zwar mit all- 
gemein insbesondere auch für den Steuerpflichtigen und für die 
Steuergerichte verbindlicher Rechtskraft. Bei Ueberprüfung der Rechts- 
gültigkeit einer solchen Bestimmung wäre nur zu fragen, ob eine 
Lücke im Gesetz wirklich vorhanden war, die den Erlaß einer Ver- 
ordnung dieser Art notwendig machte; der Inhalt der Verordnung 
wäre aber, wie jede echte Rechtsnorm (in diesem Falle!) unüberprüfbar. 
Zwei Gründe sprechen m. E, für die Richtigkeit dieser Auffassung, 
durch die die Möglichkeit von Ausführungsbestimmungen mit Rechtsver- 
ordnungscharakter ohne besondere Delegation dargetan würde!*e: Aus 
der allgemeinen staatsrechtlichen Stellung des Ministers und insbe- 
sondere aus Art. 77 i. V. m. Art. 56 S.2 n. RV. ist seine Pflicht 
herzuleiten, jedes vom Reichstag beschlossene und vom Reichspräsi- 
denten verkündete Gesetz zur Ausführung zu bringen, gleichgültig ob 
es in sich geschlossen ist oder Lücken enthält. Die gesetzgebenden 
Organe haben mit dem Gesetzesbeschluß ihre Arbeit in dieser Materie 
14° Die folgende Argumentation widerspricht teilweise dem oben (Anm. '?°) 
erwähnten Postulat der neueren Rechtswissenschaft; die Anerkennung eines 
(wenn auch nur ganz beschränkten) selbständigen Rechtsverordnungsrechts 
der Exekutive mag unerwünscht erscheinen. Unter den gegenwärtigen Ver- 
hältnissen dürfte aber die verstärkte Rechtsunsicherheit das größere Uebel 
sein; diese muß notwendig wachsen, wenn man dem obersten Exekutiv- 
organ das Recht zur Ausfüllung von Lücken mit Rechtswirkung gegen jeder- 
mann abspricht. — Will man dem Ueberhandnehmen der Rechtsverord- 
nungen steuern, so muß man zunächst den Gesetzgeber dazu erziehen, 
besser durchgearbeitete Gesetze zu erlassen. Vielleicht ist durch die Stabi- 
lisierung unserer politischen Verhältnisse, die man in den letzten Monaten 
bemerken konnte, die erste Grundlage zur Besserung der Gesetzgebungs- 
arbeit geschaffen. Zunächst müssen grade im Steuerrecht zahllose Rechts- 
verordnungen als vorübergehendes notwendiges Uebel in den Kauf genommen 
werden.
	        
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