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Nicht notwendig ist, daß das Staatsorgan, welches das Gesetz zum
Erlaß einer Rechtsverordnung ermächtigt, selbst von dieser Ermäch-
tigung Gebrauch macht; es kann seinerseits die ihm verliehene Be-
fugnis an eine andere Stelle weiter übertragen, deren Erlassen dann gleich-
falls der Charakter von Rechtsverordnungen zukommt (vgl. Bd. 7 S. 338).
Der Bundesrat hatte von einer Rechtsverordnungsdelegation selbst
Gebrauch gemacht; der Reichsrat änderte auf Grund von Art. 1771
n. RV. diese Verordnung dahin ab, daß in Zukunft der Reichsfinanz-
minister zum Erlaß derartiger Bestimmungen ermächtigt sein sollte;
dessen Verordnungen wird gleichfalls Gesetzeskraft zuerkannt. Ist
freilich eine Delegation von der zunächst tätig gewesenen Stelle zu
Unrecht behauptet worden, so hat auch deren Subdelegation keinerlei
Rechtswirkungen (Bd. 10 8. 272 ff.).
Sollte die Uebersicht über die zu dem „richterlichen Prüfungsrecht*
im weitesten Sinne ergangene Rechtsprechung des RFH. vollständig
sein, so müßte jetzt im einzelnen untersucht werden, wann der Ge-
richtshof in materieller Beziehung eine Innehaltung, wann ein Ueber-
schreiten der durch die übergeordnete Norm gesetzten Schranken, ins-
besondere durch die überprüfte Rechtsnorm angenommen hat. Auch
hierbei müßte sich aber die Darstellung in steuerrechtliche Einzelfragen
verlieren ; sollten doch gerade Nebenpunkte der Gesetzesmaterie der Rege-
lung durch Verordnung vorbehalten werden. Aus der Fülle der in Be-
tracht kommenden Entscheidungen 2° sollen daher nur einige heraus-
rechtsirrige Auslegung des Gesetzes, die für die Steuergerichte unverbind-
lich ist. Aehnlich Bd. 10 S. 183, Bd. 7 S. 123. „Mindestens muß gefordert
werden, daß Vorschriften der Ausf.Best., die sich als solche mit gesetzlicher
Kraft darstellen, als solche kenntlich gemacht werden müssen“ Bd. 8 S. 47:
„Der Erlaß ist an die Landesfinanzämter ergangen; bekanntgemacht
ist er nicht. Er kennzeichnet sich seinem Inhalt nach als eine allgemein
gehaltene Anweisung i. S. d. $ 13 II AO. Eine Rechtsvorschrift, die ver-
letzt worden sei, ist jene Anweisung nicht.“ Bd. 7 S. 222 wird andrer-
seits die Fassung einer Bestimmung als entscheidend für ihre Natur als
bindende Rechtsnorm angesehen, während das Urteil Bd. 7 S. 92 ohne
weitere formelle Prüfung eine Norm als auf Grund von $ 108 Il AO, er-
lassen ansieht.
20 Interessant sind vor allem diejenigen, welche einer Verordnung die
bindende Kraft absprechen; es seien genannt: Bd. 2, 43 (dazu die mehr-
fach erwähnte Bd. 10 S. 272); Bd. 10 S. 294 — diese betreffen sämtlich
das Kohlensteuergesetz, zu welchem noch das Urteil Bd. 7 S. 336 zu ver-
gleichen is, wo die Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung