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Dem Zurücktreten der durch die Staatsangehörigkeit ihren Aus-
druck findenden Personalhoheit entspricht im modernen Steuerrecht
eine wachsende Bedeutung der Territorialhoheit?!. Dieser Wandel
findet auch in der Rechtsprechung des RFH. charakteristischen Aus-
druck: in Gebietsfragen ist eine ungleich größere Anzahl von
Entscheidungen ergangen, als in Staatsangehörigkeitsfragen. Freilich
— das muß zuvor betont werden — nicht alle Erkenntnisse, in denen
die Begriffe „Inland“ und „Ausland“ eine Rolle spielen, sind staats-
rechtlich interessant. Vielfach ist die eigentliche Gebietsfrage (ob ein
Punkt der Erdoberfläche staatsrechtlich als In- oder Ausland anzu-
sehen sei) unstreitig; zweifelhaft ist nur, ob an diesem oder einem
andern Platze bestimmte Handlungen vorgenommen sind, die als Steuer-
tatbestandsverwirklichung angesehen werden können. Zu Urteilen dieser
Art hat namentlich das Umsatzsteuerrecht ($ 2 2.1 Ums.St.G. 1919)
häufig Anlaß gegeben; ihre Besprechung erübrigt sich an dieser Stelle %.
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kann die Steuerbefreiung nicht zur Anwendung kommen. — Aehnlich wie
die „Auslanddeutschen® sind auch diejenigen gestellt, deren „Auswanderung
im deutschen Interesse* liegt ($ 21 Stfl.Ges.); mit diesem staatsrechtlich-
wirtschaftlichen Begriff des „deutschen Interesses“ beschäftigen sich gleich-
falls mehrere RFH.-Entscheidungen: klargestellt wird dieser Begriff in der
grundlegenden Entscheidung Bd. 3 S. 87, die vor allem feststellt, daß eigenes
Interesse des Auswanderers ein (objektives) deutsches Interesse nicht aus-
schließt. Prozessual wichtig für das durch $ 21 Stfl.Ges. verliehene
Recht ist der Beschluß des IV. Senats Bd, 7 S. 150. Zu vergleichen
sind weiter Bd. 1 8. 46; Bd. 2 S. 255; Bd. 3 S. 73; deutsches Interesse an
der Stärkung des Deutschtums im Auslande kann ein ausländisches Unter-
nehmen zu einem „gemeinnützigen“ machen Bd. 10 S. 85; andrerseits liegt
Gemeinnützigkeit nicht vor, wenn eine Stiftung nur Personen fremder
Staatsangehörigkeit zugute kommt, mögen die mittelbaren Folgen für
Deutschland auch günstig sein (Bd. 6 S. 260; vgl. auch Bd. 5 S. 240).
31 Der Gegensatz von Staatsangehörigkeit und Gebietszugehörigkeit
und seine Bedeutung für das Steuerrecht wird gut entwickelt vom I. Senat
Bd. 8 S. 230.
®? Zu vergleichen wären etwa die Entscheidungen Bd. 2 S. 240; Bd. 3
S. 219; Bd. 5 S. 111 (Abgabepflichtigkeit von Waren, die im Inland her-
gestellt, ins Ausland ausgeführt und von dort wieder ins Inland eingebracht
werden); Bd. 6 S. 126; Bd. 6 S. 129; Bd. 7 S. 273; Bd. 7 S. 348; Bd. 8
S. 223 (fraglich ob Belegenheit eines Grundstücks im Inland oder der Sitz
einer Gesellschaft im Ausland als maßgebend für den Steuertatbestand an-
zusehen ist); Bd. 8 8. 231 (inländieche Niederlassung unterliegt inländischer