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Preußen zur Zeit (Ende Juli 1923) bloß verhundertfacht, dagegen
bei den übrigen Staatsbeamten rund verzwanzigtausendfacht hat?
Entspricht es der Rechtsordnung, wenn die während der Amts-
suspension !! eines Beamten einbehaltene Gehaltshälfte nach
disziplinargerichtlicher Freisprechung des Beamten trotz inzwischen
gesteigerter Geldentwertung nur im Nennwert der Zwischenzeit,
nicht im Realwert des Rückzahlungstages zur Rückzahlung ge-
langt? Entspricht es der Rechtsordnung, wenn gehaltliche Nach-
zahlungen dem Beamten so verspätet zugehen, daß wegen in-
zwischen fortgeschrittener Geldentwertung der Realwert am Zah-
lungstage nicht mehr den Realwert am Fälligkeitstage darstellt?
Entspricht es der Rechtsordnung, wenn ein vom Beamten dienst-
lich (z. B. anläßlich einer Reise) ausgelegter Betrag so
spät erstattet wird, daß der Realwert am Zahlungstage erheblich
hinter dem Realwert am Tage der Auslegung des Betrages zurück-
bleibt, und kein Ausgleich durch angemessene Erhöhung des
Nennwertes stattfindet ?
Auf alle diese Fragen läßt das geschriebene Recht die un-
mittelbare Antwort vermissen. DasSchweigendesGesetz-
gebers ist keineswegs verwunderlich. Hatten doch alle älteren
Beamtengesetze und Besoldungsvorschriften keinen Anlaß, zu
solchen Problemen überhaupt Stellung zu nehmen, da sie mit
einer wertbeständigen Währung rechnen konnten und nicht der
geringste Grund vorlag, eine so ungeheure Geldentwertung, wie
sie seit den letzten Jahren über Deutschland hereingebrochen ist,
in den Bereich der praktischen Möglichkeit und füglich der gesetz-
lichen Regelung zu ziehen. Andrerseits sind neuere Vorschriften,
und vorläufig noch fortgeltendem Recht nicht Kirchen-, sondern Staats-
beamte. Vgl. z. B. Brevr, Neues evangel. Kirchenrecht für Preußen 1
1921, 389.
ıt Vgl. Reichsbeamtengesetz vom 17. Mai 1907, $ 130; preuß. Gesetz
betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten usw. vom 21. Juli
1852, 8 53.