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scheinen kann, ist ein gutes Zeichen für die deutsche Rechtswissenschaft
und sei hier als solches in der Gegenrechnung gegen die nur zu offen-
baren Uebelstände der Gegenwart vermerkt. Wir freuen uns ihrer, weil
sie auch anzeigt, daß solche auf Dauer und ohne alle Moderücksicht ge-
leistete Arbeit doch manchmal auch überraschend schnell ihren Lohn bringt.
Schien beim ersten Wirksamwerden des BGB. und seiner „Nebengesetze“
die rechtsgeschichtliche Betrachtung von dem leidigen Paragraphen-Kom-
mentar verdrängt und ihr Kulturwert dem vergänglichen Wirtschaften von
einem Tag in den andern hinein geopfert, so sieht man heute hier ein
nicht unerfreuliches turning of the table. Das 20. Jahrhundert zeigt eine
bemerkenswerte Schnelligkeit im Wiederverschlingen dessen, was es selbst
und die ihm unmittelbar vorangehenden Jahrzehnte geboren hatten. Für
unser Recht wie für unser Volkstum überhaupt ist es sehr nötig gewesen
sich darauf zu besinnen, daß es nicht von 1900 und nicht von 1870 ist,
sondern sehr viel ehrwürdigeren Alters. An keiner andern Stelle berühren
sich ja auch Recht und Volkstum so eng wie im deutschen Privatrecht.
HÜBNERs Werk hat den großen Vorzug von vornherein gehabt und sich
erhalten, daß es mit genauer Kenntnis des deutschen Partikularrechts ge-
arbeitet ist, in dem der deutsche Volksgedanke am unberührtesten lebendig
geblieben ist, des Schweizer Rechts. Neben BRUNNER gehörten ANDREAS
HEUSLER und HUBER zu den Meistern, deren Lehre HÜBNER gerne folgt.
Die Aenderungen der neuen Auflage liegen gerade auf dem Gebiet des
dem öffentlichen Recht zugewandten Teils: Adel, Fideikommisse, Erbbau-
recht. Gegenüber dem aufgeregten Politisieren, das sich auch in der
Rechtswissenschaft unserer Tage hier und da zeigt, berührt uns die maß-
volle Sicherheit aufs wohltuendste, mit der auch in den Bestimmungen der
Weimarer Verfassung über diese Fragen der Abschluß längst angebahnter
Entwicklungen gezeigt wird. (Vgl. S. 103, 308, 312 ff.).
Mendelssohn Bartholdy.
A.B. Keith, War Government of the British Dominions
(Economic and Social History of the World War, British Series).
Oxford, Clarendon Press 1921, XVI u. 354 S.
Das gewaltige, von JAMES T. SHOTWELL geleitete Werk der Sozial-
und Wirtschaftsgeschichte des Weltkriegs, dessen englische Reihe denen
der übrigen Länder um zwei Jahre voranschreitet — in vieler Beziehung
vorbildlich voranschreitet — wird die rein politisch-staatsrechtlichen Dar-
stellungen zurücktreten lassen müssen gegenüber den wirtschaftsgeschicht-
lichen: das gebietet der Zweck des Gesamtwerks. Indessen werden sich
dem KeıtHschen Werk, das wohl schon fest abgeschlossen war, als es in
diese Schriftenreihe aufgenommen wurde, doch noch eine Anzahl ähnlicher
Bände in den Reihen der andern Länder anschließen, wenn auch keinem
mehr ein so weltweiter Stoff zugrund liegen wird wie diesem.