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unwichtig sind, ja wie weit das Land überhaupt mit Ausgaben
belastet werden kann. Ferner wollte sich das Unterhaus vor zu-
dringlichen Anforderungen der Straße schützen, und schließlich
— und vor allem — erkannte es die große Gefahr, die darın
liegt, wenn jeder einzige geschickte und beredte Abgeordnete in
der Lage ist, das Parlament zur Sanktionierung von überflüssigen
und unüberlegten Ausgabebewilligungen zu veranlassen. Denn
da bei allen parlamentarischen Verhandlungen persönliche und
parteipolitische Momente eine große Rolle spielen, würden sonst
häufig Anträge angenommen werden, die „auf persönliche oder ört-
liche Motive zurückzuführen sind, und ihre Erhebung zum Beschluß
unbesonnener Gutmütigkeit oder geschicktem Stimmenhandel (log-
rolling) verdanken“ ®.
Diese Selbstbeschränkung zugunsten der „Krone“ konnte sich
das Unterhaus um so eher auferlegen, da ja unter „Krone“ nicht der
jeweilige König zu verstehen ist, der zur Zeit, als diese Beschlüsse
zum erstenmal gefaßt wurden (1706), schon jeglichen Einfluß auf
die Gestaltung des Budgets verloren hatte, sondern das jeweilige
Ministerium, dessen Geschäftsführung bereits damals vom Ver-
trauen des Unterhauses abhängig war, das schon damals nichts
tun konnte, was dem Willen der Commons widersprach.
Bezeichnend für die englischen Verhältnisse ist nun, daß die Be-
stimmungen, durch die alle Geld- und Ausgabebewilligungsanträge
der Commons verboten wurden, nie „Gesetz“ geworden sind, son-
dern lediglich auf einem unter die Standing-Orders aufgenom-
menen Beschlusse des Unterhauses beruhen, der jederzeit durch
einen entgegengesetzten Beschluß wieder aufgehoben werden könnte.
Und doch ist das seit über zwei Jahrhunderten nicht geschehen,
sondern diese Vorschriften gehören seit 1706 zu den fundamen-
talen Grundsätzen des englischen Budgetrechts. Ein typisches
Beispiel dafür, wie wenig man das englische Staatsrecht durch
das Studium der Verfassungsgesetze erschöpfen kann!
® Loweıs a. a. O0. Bd. 18. 283 (266).