Oktober 1918 in Deutschland kein parlamentarisches System
hatten.
In der Theorie ist die Frage, ob der Reichstag ein Ausgabe-
initiativrecht hatte, fast gar nicht behandelt worden. ARNDT und
V. JAGEMANN ® verneinten diese Frage; DAMBITSCH °% bejahte sie,
meines Erachtens mit vollem Recht. Wenn V. JAGEMANN meint,
der Reichstag solle ja die Ausgaben bewilligen, nicht aber solle
ihm bewilligt werden, so ist zuzugeben, daß es der Begriff der
„Ausgabenbewilligung“ auszuschließen scheint, daß mehr bewilligt
als gefordert werde. Allein da die Verfassung nicht von einer
„Ausgabenbewilligung“ sprach, sondern lediglich sagte, daß der
Reichshaushaltsetat durch Gesetz festgestellt wird, so ist nicht
einzusehen, warum der Reichstag nicht zum Entwurf des Etat-
gesetzes, das doch — wenn auch nur im formellen Sinne — Ge-
setz war, Abänderungsanträge stellen sollte. Ob die verbündeten
Regierungen späterhin diesen Vorschlägen ihre Sanktion erteilten,
oder den Etat im ganzen verwarfen, war natürlich eine zweite
Frage.
Schwieriger zu entscheiden ist, ob, falls der Bundesrat den
Etatserhöhungen des Reichstags zugestimmt hatte, die Reichsver-
waltung verpflichtet war, diese erhöhten Summen auszuzahlen. Um
diese Frage beantworten zu können, muß klargestellt werden, ob
die Exekutive überhaupt die Pflicht hatte, Ausgaben, die in das
Reichshaushaltsgesetz eingesetzt waren, zu leisten.
ZORN und HÄNEL? vertraten den Standpunkt, daß die Re-
gierung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sei, diese
Summen zu den betreffenden Zwecken zu verwenden.
22 ARNDT, RV.5. Aufl. 1913 Art. 69 Anm. 4; v. JAGEMANN, RV. Heidel-
berg 1904, S. 201.
24 DAMBITSCH, RV. Berlin 1910 Art. 69 Anm. VIII.
25 Zorn, Das Staatsrecht d. Dtsch. Reiches, 2. Aufl. Berlin 1895 Bd. I,
S. 449; Häneu, Studien z. Dtsch. Staatsrechte, 2. Teil. Leipzig 1888,
S. 317 f.
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