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LABAND, DAMBITSCH und v. JAGEMANN? dagegen meinten,
daß die Ausgabebewilligung nur eine Vollmacht für die Regierung
darstelle, die betreffenden Ausgaben zu leisten. Mache die Re-
gierung die Ausgaben nicht, so sei sie hierfür — abgesehen von
den Fällen, in denen sie durch andere Gesetze als den Etat recht-
lich verpflichtet sei, Ausgaben (Gehälter, Pensionen, Zinsen für die
Staatsschuld usw.) zu leisten — „juristisch“ nicht verantwortlich.
Meines Erachtens kann die Frage überhaupt nicht generell
entschieden werden. Sicher konnte ein Dritter allein aus der Tat-
sache, daß eine Ausgabeposition in das Reichshaushaltsgesetz ein-
gefügt war, keinen Anspruch herleiten, daß diese Ausgabe auch
wirklich geleistet werde*®°, denn der Etat war damals — ebenso wie
heute — nur ein Gesetz im formellen Sinne, seinem materiellen
Inhalt nach aber ein Verwaltungsakt. Wohl aber war die Exe-
kutive gegenüber den Organen, die an der Aufstellung des Ver-
waltungsaktes — in unserem Falle des Etats — mitgewirkt hatten,
verpflichtet, gemäß den Anordnungen des Verwaltungsaktes zu
handeln. Andernfalls müßte, besonders in einem nicht parlamen-
tarisch regierten Staatswesen, die fürchterlichste Willkür Platz
greifen.
Die Anordnungen im Reichshaushaltsgesetz werden ja häufig
die Regierungen nur zur Leistung der betreffenden Ausgaben er-
mfächtigt haben, es sind aber auch — wie MEYER-AnSCHÜTZ ??
betont — Fälle denkbar, in denen die Regierung durch die Ein-
setzung einer Ausgabenposition in den Etat verpflichtet werden
sollte, die betreffende Ausgabe zu machen. Welcher dieser beiden
Fälle vorlag, konnte nur für jeden Einzelfall entschieden werden.
2° LABAND, Das Staatsrecht d. Dtsch. Reiches, 5. Aufl. Tübingen 1914,
Bd. 4 S. 543; L. DamsItscH a. a. O. Art. 69 Anm. VII; v. JAGEMANN
2. &. O. S. 201.
2#°« Das ist jetzt ausdrücklich in $ 24 Abs. 1 der Reichshaushalts-
ordnung vom 31. Dez. 1922 (RGBl. 1923 S. 20) ausgesprochen.
2? MEYER-ANSOHÜTZ, Lehrb. d. Dtsch. Staatsrechts 7. Aufl. München
und Leipzig 1919, S. 899.