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egensätze, welche jede an sich kleine Angelegenheit leicht zur
rage der nationalen Ehre aufzubauschen vermögen, noch wesent-
lich erschwert.“
Auch m den Vereinigten Staaten°® besteht kein Ge-
setz und kein Brauch, der die Budgetinitiative des Parlaments
einschränkt, und auch in Amerika haben die Mitglieder des Kon-
gresses mehr Interesse daran, daß die von ihren Wählern ge-
wünschten Ausgaben bewilligt werden, als daß der Staatshaushalts-
plan balanciert.
1.
Nachdem im ersten Tel der Arbeit gezeigt worden ist, ob
bzw. wie das Recht der parlamentarischen Ausgabeinitiative in
den wichtigsten Staaten geregelt war, soll im zweiten Teil diese
Frage hinsichtlich des heute in Deutschland und seinen Bundes-
staaten geltenden Rechts untersucht werden.
Während es — wie wir oben gesehen haben — im Reich und
in den Bundesstaaten (außer in Württemberg und dem Reichsland
Elsaß-Lothringen) vor der Revolution sehr bestritten war, ob das
Parlament Ausgaben des Voranschlags erhöhen oder neu einstellen
könnte, haben fast alle neuen Verfassungen zu dieser Frage positiv
Stellung genommen und so einen Streit für die Zukunft ausge-
schlossen. Keine Bestimmungen hierüber enthalten lediglich die
Verfassungen von Baden, Braunschweig, Lübeck, Hessen, Mecklen-
burg-Strelitz und Oldenburg °®.
Im Reich ist die Ausgabeinitiative des Parlaments in Art. 85,
Abs. 4 und 5 behandelt. Ueber die Entstehungsgeschichte ’’ dieser
Vorschrift sind wir ziemlich genau unterrichtet.
55 Vgl. E. Freunn, Das öffentl. Recht der Vereinigten Staaten. Tü-
bingen 1911, S. 227; C. F. BASTABLE, Public Finance London 1892, S. 661.
se Die endgültige Verfassung von Waldeck liegt z. Z. noch nicht vor.
57 Vgl. zur Entstehungsgeschichte des Art. 85, Abs. 4 und 5 vor allem
Drucks. des Reichsrats 1919 Nr. 229, ferner Nationalversammlung, Sten.
Ber. Pl. I. Les. S. 382A, Pl. II Les. S. 1365 A, S. 1366B, Pl. III Les.
S. 2116 C; Drucks. d. Nat. Vers. Nr. 391, S. 163 ft., 170—171, 466.