Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

Reichstag im Entwurf des Haushaltsplans Ausgaben erhöht oder 
neu einsetzt, die Zustimmung des Reichsrats erforderlich. 
Was bedeutet das? Worin liegt der Unterschied zwischen 
Nichterhebung des Einspruchs und Erteilung der Zustimmung ? 
Zunächst muß der Begriff „Zustimmung“ klargestellt werden. 
Zustimmung im rechtstechnischen Sinne ist nicht — wie WAL- 
DECKER °! annimmt — „im Gegensatz zur nachträglichen Genehmi- 
sung das vorher zu erklärende Einverständnis*, sondern unter 
Zustimmung im rechtstechnischen Sinne versteht man sowohl die 
vorherige als auch die nachträgliche Zustimmung, sowohl die Ein- 
willigung als auch die Genehmigung ($ 183—184 BGB.). Allein 
auf das öffentliche Recht kann man die Terminologie des Privat- 
rechtes überhaupt nicht mit pedantischer Strenge übertragen, und 
so ist hier wohl auch „Zustimmung“ gleichbedeutend mit Geneh- 
migung gebraucht. Die Folge hiervon ist, daß der Reichstag, 
wenn er in erster Lesung einen Antrag auf Erhöhung oder Neu- 
einsetzung eines Ausgabepostens angenommen hat, ruhig die Bud- 
getberatung fortsetzen kann und erst nach der Schlußabstimmung 
den Reichsrat durch die Regierung um seine Stellungnahme er- 
suchen muß. Wäre es anders, so würde der Abschluß der Bud- 
getverhandlungen unnötig verzögert werden, und dann hätte es 
doch auch wenig Sinn, wenn der Reichsrat sich mit einer Vor- 
lage, deren Annahme durch den Reichstag doch erst von der Schluß- 
abstimmung abhängt, also noch ganz ungewiß ist, beschäftigen 
sollte. Es kann z. B. im Reichstag infolge des schwachen Be- 
suches des Hauses oder aus anderen Gründen zufälliger Natur 
ein Antrag auf Erhöhung eines Ausgabepostens in einer Lesung 
angenommen, in der nächsten aber wieder abgelehnt werden. 
Hätte sich der Reichsrat nun zwischen den beiden Lesungen des 
Reichshaushaltsgesetzes mit dieser Frage beschäftigt, so wäre 
  
  
°ı |. WALDECKER, Zum Budgetrecht der neuen Reichsverfassung in 
„Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volks- 
wirtschaft“ 1919/20, S. 28.
	        
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