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weil sonst das ganze Reichshaushaltsgesetz scheitern würde, so
Sehen diese Ausführungen von der falschen Voraussetzung aus,
daß das Zustandekommen des übrigen Etats durch die Nicht-
erteilung der Zustimmung durch den Reichsrat verhindert werde.
Daß nur der Reichspräsident einen Volksentscheid über den Haus-
haltsplan anordnen darf, hat seinen Grund darin, daß hier nur
ganz ausnahmsweise, nur bei einer ungewöhnlich wichtigen Streit-
frage, an das Volk appelliert werden soll. Denn das Reichshaus-
haltsgesetz oder Bestimmungen dieses Gesetzes eignen sich nicht
für einen Volksentscheid. Das betonten schon PREUSS und V. DEL-
BRÜCK im Verfassungsausschuß”®. Der einzelne Wähler kann
nicht beurteilen, wieweit das Land ohne Gefahr für seine Finanzen
mit neuen Ausgaben belastet werden könne, vor allem aber wird
er im allgemeinen nicht nach sachlichen, sondern nach partei-
politischen Gesichtspunkten seine Stimme abgeben.
Abgesehen von diesen Fällen kann der Reichspräsident, selbst
wenn der Reichsrat den Erhöhungen der Ausgabeposten durch
den Reichstag seine Zustimmung erteilt und im übrigen keinen
Einspruch erhoben hat, über das Reichshaushaltsgesetz als ganzes
binnen eines Monats einen Volksentscheid anordnen. (Art. 73,
Abs. 1 RV.). Einzelne Bestimmungen allein, z. B. die erhöhten
Ausgabeposten, darf er jedoch dann nicht dem Volksentscheid
unterwerfen.
Dieselben Befugnisse wie der Reichspräsident hat nach
Art. 5l, Abs. 1 RV. sein. Vertreter, d. h. im Falle nur vorüber-
gehender Verhinderung des Reichspräsidenten der Reichskanzler,
bei längerer Verhinderung derjenige, der durch Reichsgesetz zum
Vertreter bestelltist. Der Reichskanzler, der den Reichspräsidenten
vertritt, bedarf bei Anordnung eines Volksentscheids der Gegen-
zeichnung des zuständigen Fachministers, da es sich hier nie um
eine Richtlinienfrage, sondern stets um eine Ressortangelegenheit
handeln wird ”°.
?6 17. Sitzung des VA. vom 28, 3. 1919, Prot. VA. S. 170.
7% ANSCHÜTZ, RV. Art. 51 Anm. 1.