Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

— 831 — 
durch einen Beschluß des Parlaments mit Zweidrittelmehrheit oder 
durch einen Volksentscheid beseitigt werden kann. Ferner gilt Art. 42 
Abs. 4 nieht nur, wenn der Landtag Ausgaben im Entwurf des 
Staatshaushaltsgesetzes erhöht oder neu einsetzt, sondern in allen 
Fällen, in denen der Landtag Ausgaben beschließen will, die über 
den vom Staatsministerium vorgeschlagenen oder bewilligten Be- 
trag hinausgehen. 
Schwierigkeiten bei der Auslegung des Art. 42, Abs. 4 macht 
zunächst seine Fassung, nach der die Zustimmung des Staatsrats 
erforderlich ist, wenn der Landtag Ausgaben, die über den Vor- 
schlag oder die Bewilligung des Staatsministeriums hinausgehen, 
„beschließen will“. Hieraus folgern GIESE-VOLKMANN®®, daß der 
Staatsrat Stellung nehmen müsse, bevor der Landtag einen end- 
gültigen Beschluß gefaßt habe. Der Landtag kann — nach 
GIESE- VOLKMANN — zunächst nur einen vorläufigen Beschluß dahin 
fassen, daß er eine Ausgabe, die über den vom Staatsministerium 
vorgeschlagenen oder bewilligten Betrag hinausgeht, geleistet sehen 
möchte. Dann muß das Staatsministerium dem Staatsrat die Vor- 
schläge des Landtags vorlegen, und der Staatsrat muß dazu 
Stellung nehmen. Erteilt er dann den Beschlüssen des Landtags 
seine Zustimmung, so kann der Landtag erst jetzt einen endgül- 
tigen Beschluß fassen. 
Meines Erachtens ist diese Auslegung des Art. 42 Abs. 4 
unhaltbar ®”. Es widerspräche völlig der sonstigen Stellung des 
Staatsrats, wenn er hier dem Landtag gewissermaßen die Erlaub- 
nis zu erteilen hätte, sein Gesetzgebungsrecht auszuüben. Es 
widerspräche aber auch dem Geiste der preußischen Verfassung, 
wenn der Landtag, das oberste Organ des Freistaats Preußen, in 
solcher Weise beschränkt wäre. Und wie wenig Sinn es hätte, 
wenn der Staatsrat sich mit einer Vorlage, deren endgültige An- 
86 F, GIEsSE und E. VOLKMANnNN, Pr. V. Berlin 1921, Art. 42 Anm. 14. 
8° Wie im Text R. Huser, Pr. V. Mannheim 1921, Art. 42 Anm. 10; 
L. WALDECKER, Pr. V. Berlin 1921, Art. 42 Anm. 3. 
Archiv des öffentlichen Rechts. N. F. 6. Heft ı. 6
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.