I.
Abhandlungen.
Meinungsäußerungsfreiheit und Beamten-
recht *.
Von
Dr. jur. et rer. pol. HEINRICH VERVIER, Regierungsrat I. Klasse,
Privatdozent für Staats-, Verwaltungs- und Staatskirchenrecht
in Würzburg.
I.
Die neue Reichsverfassung hat in Art. 118 I einen folgen-
schweren Grundsatz für das Beamtenrecht aufgestellt. Danach
„hat jeder Deutsche das Recht, innerhalb der Schranken der
allgemeinen Gesetze seine Meinung durch Wort, Schrift,
Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. An diesem
Rechte darf ihn kein Arbeits- oder Anstellungsverhältnis hindern,
und niemand darf ihn benachteiligen, wenn er von diesem Rechte
Gebrauch macht.“ Welche rechtliche Natur dieses „Recht“, auch
„Grundrecht“ genannt hat, soll unter VI erörtert werden. Weiter
* Nur unter Berücksichtigung der Verfassungsgesetzgebung. Im all-
gemeinen sind hieher einschlägig die wertvollen und eingehenden Aus-
führungen PILoTys in diesem Archiv, 1915 Bd. 33 S. 1 ff.; sie spiegeln zwar
nur den früheren Rechtszustand wieder, sind aber — wie aus dieser Dar-
stellung hervorgeht — im Grund genommen auch für die jetzige Rechts-
lage noch zutrefiend und jeweils angeführt.
Archiv des öffentlichen Rechts. N. F. 6. Heft ı. 1