Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

89 — 
Beratung darf nur mit Zustimmung des Staatsministerrums usw. 
vor Ablauf von 14 Tagen stattfinden. Der erste Beschluß bleibt 
in Kraft, wenn er bei der erneuten Beratung von mindestens zwei 
Dritteln der anwesenden Mitglieder (so Bayern und Württemberg), 
von der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten (so 
Thüringen), von der Mehrheit (so Sachsen) bestätigt wird. 
Endlich gibt es auch heute noch einige Länder, in deren 
Verfassungen sich keinerlei Bestimmungen über die Ausgabeinitia- 
tive der Parlamente finden, so Baden, Braunschweig, Hessen, 
Lübeck, Mecklenburg-Strelitz und Oldenburg. In diesen Ländern 
ist die Volksvertretung unbeschränkt berechtigt, Anträge aus ihrer 
Mitte auf Erhöhung oder Neueinsetzung von Ausgabeposten in 
Regierungsvorlagen einzuarbeiten oder in Form besonderer Initia- 
tivgesetze anzunehmen, und die Exekutive ist in allen Fällen. in 
denen ihr das Parlament nicht nur eine Ermächtigung ® zur Lei- 
stung der betreffenden Ausgaben geben will, verpflichtet, die in 
das betreffende Gesetz eingestellten Ausgaben zu leisten. Denn 
die Volksvertretungen sind heute die Träger der höchsten Gewalt, 
und die Exekutive ist überall verpflichtet, ihren Anordnungen zu 
folgen. Als Analogie für die Richtigkeit der hier vertretenen An- 
sicht sei noch auf eine Kontroverse im Verfassungsausschuß der 
Deutschen Nationalversammlung hingewiesen. Als dort Geheimrat 
Saemisch 10° vom Reichsfinanzministerium äußerte, daß, bei Fehlen 
von ausdrücklichen Bestimmungen über die Ausgabeninitiative, die 
Regierung nicht rechtlich, sondern nur politisch — und dieser 
Standpunkt decke sich mit dem der Einzelstaaten — verantwort- 
lich sei, wenn sie Ausgaben, die der Reichstag gegen den Willen 
der Reichsregierung eingesetzt hat, nicht leiste, erwiderte der 
verständnis mit dem Senat vor Ablauf von 6 Tagen stattfinden. Wenn 
der Senat Einspruch erhebt, erhält der Beschluß nur Gesetzeskraft, wenn 
bei der erneuten Abstimmung die Mehrheit sämtlicher Abgeordneten zu- 
stimmt. 
%® Ueber einen derartigen Fall vgl. S. 52. 
100 17, Sitzung des Verf.A. v. 28. 3. 1919. S. 171.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.