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8. 54.
Binden die höheren Befehlöhaber, dad eine von dem nieberen Befehlöhaber verhängte Disciplinarftrafe:
1) entweber ihrer Art ober ihrer Dauer nad ungejeglid, ober
2) der Strafende zu beren VBerbängung nicht befugt gewefen ift, fo ijt von ihnen bie Strafe abzuänbern
oder aufzuheben und bie etwaige Ueberjchreitung oder Anmafung ber Disciplinar-Strafgewalt, nad Mad-
gabe der Berjhulbung, entweder disciplinarifch zu rügen, ober bie gerichtlihe Iinterfuhung und Be-
ftrafung zu veranlaffen.
Neunter Abfchnitt.
Bon der Didciplinar-Strafgewalt in außerordentlihen Fällen.
55
Bei außerorbentlihen Borfällen in Briedenszeiten it jeber fommanbirende Offizier befugt, die Unter-
ftellung der Mititair-Perfonen feines Dienftbereihd unter bie in den Militairgefepen für den Kriegdzuftand
ertheilten Borfchriften für die Dauer des eingetretenen außerordentlihen Zuftandes anzuorbnen, und dies bei
Trommeliding, oder dur Tagesbefehl befannt maden zu laffen.
Es muß jedod in einem jeden folden Salle jogleih dem nädften Vorgejegten bavon Meldung ge
macht werben.
56.
Während befonberer, bie ftrengite Aufrethältung der Disciplin dringend erheiihenben Verbältniffe,
insbefonbere, im Kriegäzeiten, bei DBerfainmlung der Truppen, bei Alarmirungen, beim Anrüden in dad Ge
fecht, beim Rüdzuge und bei Berwehrung der Plünderung und anderer jchwerer Verbrechen ift jeber Dffizier,
unter ftrenger Berantwortlichkeit, berechtigt, von feiner Waffe Gebrauh zu maden, um feinen Befehlen den
nöthigen Gehorfam zu verfhaffen, wenn ihm Fein anderes Mittel zur Erlangung bes durchaus nöthigen Ge-
horjams zu Gebote fteht.
Diefelbe Befugnig bat, unter gleicher Verantwortlihkeit, jeder Offizier zum Zwed der Abwehr eines
thätlihen Angriffs des lintergebenen.
Der Difizier, ber eine folde außerorbentlihe Mapregel anzuordnen genöthigt ift, muB jebodh den Bor-
fall jofort feinem nädhften DBorgefebten melden. 7
57.
8.
Sobalb die Armee ober einzelne Armee-Corps zu einem friegeriichen Zwed — wohin die militairi«
Iden Uebungen bier nicht zu reinen find — in Marih gejegt werden, haben bis zum Wiedereintritt ber ge-
wöhnlichen Sriedensverhältniffe der Dberbefehlöhaber, jowie jeder fommandirende General eined Armee-Corys
bie Befugnij, nöthigen Kalle die nad den 88. 4 und 5 zuläfigen Disciplinarftrafen, den obwaltenden DBer-
bältniffen entfpredhend, zu verjhärfen ober abzuändern und dies durch Kagesbefehl bekannt zu machen.
Auch ift während biefer Zeit jeder Befehlshaber bis zum Kommandeur eines jelbftftändigen Bataillons
abwärts berechtigt, gegen Gemeine der zweiten Klaffe des Soldatenftandes förperlihe Zühtigung bie zu
vierzig Sudihlägen zu verhängen
Diefelben Befugniffe hat ber Befchlähaber der Befagung einer Reftung, eined offenen Drts oder Bes
zirts, welche in Belagerungs-Zuftand erflärt fint.
Schlußbeftimmung.
8. 58,
Die Verordnung über die Disciplinar- Beftrafung in der Armee vom 21. Dftober 1841 und die
jpäteren, biejelbe abändernden oder ergänzenden Beitimmungen find aufgehoben.
Ausgenommen hiervon find nur die Borfhriften der SS. 59—66 des Regulativg vom 6. Novem-
ber 1858 und der 88. 32—44 dis Regulativd vom 19. Mai 1866 in Betreff ber Disciplinar- ‚Beftrafung
der fing und ber anpeitsfelbaten; biefe Vorfchriften bleiben unverändert in Kraft.
Ems, den 21. Zuli 1
ge. Wilhelm.
dgeg. v. Roon.