fullscreen: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

64 RUDOLF STAMMLER: Wesen des Rechtes und der Rechtswissenschaft. 
sachlich gerechtfertigtes Recht kann hier als Grundlage dienen. Das richtige 
Recht gut wollen — das ist die vereinigende Lösung für pflichtgemäße 
Zielsetzung. 
Aber wenn wir beim Eintreten eines solchen Konfliktes zwischen bloß ge- 
setztem und zwischen grundsätzlich richtigem Rechte in der Bedingtheit und 
Begrenztheit dieses Menschendaseins einen unbedingt lösenden Ausweg nicht 
besitzen, so ist doch ein Fortschritt zum Besseren hier möglich. Er liegt in 
der idealen Erwartung eines steten Minderns jenes Zwiespaltes, den wir soeben 
besprachen, in einem immer häufigeren und gesicherteren Hervortreten von 
richtigem Rechte. 
Eine unbedingte Sicherheit dafür, daß die Menschheit immer auf dem Wege 
des geschichtlichen Fortschrittes sein werde, gibt es freilich nicht. Aber man 
Der Sieg des darf nach aller Beobachtung doch darauf vertrauen, daß der Zug nach dem 
Richtigen. Richtigen sich immer stärker und gewisser bewähren wird. Es wird wohl 
nie erlebt, daß von den einzelnen Menschen oder den Staaten für ihr Vorgehen 
nichts als subjektives Begehren und brutale Gewalt vorgebracht werde. 
Auch der Verbrecher hat seinen Ehrenkodex, und der Gegensatz von objektiv 
und bloß subjektiv — um den sich das ganze Menschenleben dreht — macht 
an keiner Stelle und bei keinem Bestreben Halt. Selbst da, wo in Wahrheit 
ein bewußter Zynismus herrscht und im Innern des Begehrenden nur eigen- 
süchtiges und sachlich nicht gerechtfertigtes Verlangen herrscht, gewahren wir, 
wie er doch den Schein zu wahren sucht und bemüht ist, sein Verfahren an 
das nach Recht und Gerechtigkeit begründete Vorgehen darzustellen. So 
braucht der Glaube an den Sieg des Richtigen nicht zu fallen, mag immer ein 
weiterer Beweis dafür nicht erbracht werden können. 
Das ist die oberste Bedeutung, die in einem letzten Ausblicke den hier ge- 
botenen Erwägungen zukommen kann.
	        
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