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8. 17.
Der gemeine Werth der auf polizeiliche Anordnung getödteten oder nach diefer Anordnung an der
Seuche gefallenen Thiere muß — im ersteren Falle vor der Tödtung — behufs Ermittelung der Encabdi ung
durch Schätzung festgestentt werden. Die Schätzung der dem Besitzer zur Verfügung bleibenden Theile ensoll
sogleich nach Festste zng des Krankheitszustandes des Thieres (5. 21).
Steht fest, daß in Gemäßheit des gegenwärtigen Gesetzes (5. 13) oder der §5. 61 und 63 des Reichs-
gesetzes keine Entschädigung gewährt wird, so ist die Schätzung nicht vorzunehmen.
K. 18.
g s Die Schätzung erfolgt durch eine aus dem beamteten Thierarzt und zwei Schiedsmännern gebildete
ommission.
Für jeden Kreis (Oberamtsbezirk) sollen von dem Kreis- (Stadt.) Ausschusse, wo ein solcher nicht
besteht, von dem Kreistage, in den Städten, welche einem Kreisverbande nicht angehören, von der Gemeinde-
vertretung aus den sachverständigen Eingesessenen des Hzirks alljährlich diejenigen Personen in der erforder-
lichen Zahl bezeichnet werden, welche für die Dauer des laufenden Jahres zu dem Amte eines Schiedsmannes
zugezogen werden können.
Aus der Zabl dieser Personen hat die Ortspolizeibehörde die Schiedsmänner für den einzelnen
Schätzungsfall zu ernennen.
Die Schiedsmänner sind von der Ortspolizeibehörde eidlich zu verpflichten. Dasselbe gilt, wenn an
Stelle des beamteten Thierarztes ein nicht beamteter Thierarzt zugezogen wird, für diesen, Kefern derselbe
nicht im Allgemeinen als Sachverständiger beeidigt ist.
S. 10.
Personen, bei welchen für den einzelnen Fall eine Befangenheit zu besorgen ist, dürfen zu Schieds-
männern nicht ernannt werden. Ausgeschlossen von der Theilnahme an der Schätzung ist Jeder
1) in eigener Sache;
2) in Sachen seiner Ehefrau, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
3) in Sachen einer Person, mit welcher er in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch
Adoption verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt, oder bis zum zweiten
We verlchwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht
mehr besteht.
Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, sind unfähig, an einer
Schätzung Theil zu nehmen.
8. 20.
Die Kommission fat über das Ergebniß der Schätzung eine von den Mitgliedern derselben zu
unterzeichnende Urkunde aufzunehmen und dieselbe der Ortspolizeibehörde zu übersenden.
Das Ergebniß der Schätzung ist im Falle der Entschädigungsleistung für beide Theile verbindlich.
Hat eine ausgeschlossene oder unfähige Person (5. 19 Absatz 2 und 3) an der Schätzung Theil
genommen, so ist die Schätzung nichtig und zu wiederholen.
8. 21.
Soweit eine Schätzung stattfindet (5. 17), muß sofort nach der auf polizeiliche Anordnung vollzogenen
Tödtung, oder möglichst bald nach dem Eingehen eines Thieres der Kankheitzustand desselben rücksichtlich der
Entschädigungsleistung festgestellt werden.
Die Untersuchung erfolgt, soweit erforderlich, nach vorgängiger Oeffnung des Kadavers und sach-
verständiger protokollarischer Aufnahme des Befundes durch den beamteten Thierarzt und den von dem Besitzer
etwa zugezogenen Seserstn en (5. 16 des Reichsgesetzes).
ie Sachverständigen haben sich gutachtlich darüber zu erklären, ob durch den Gesammtbefund ein
Fall der Rotzkrankheit oder der Lungenseuche oder eine sonstige Krankheit bei dem getödteten Thiere festgestellt
ist, welche nach der Vorschrift in Ziffer 1 des S. 62 des Reichsgesetzes in Verbindung mit der Bestimmung
im §. 13 des gegenwärtigen Gesetzes eine Entschädigung ausschließt.
Ergiebt sich hierüber eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem beamteten Thierarzt und den von
dem Besitzer zugezogenen Sachverständigen, so ist das Obergutachten der technischen Deputation für das
Veterinärwesen einzuholen.