Bezeichnung.
Ursache.
Kennzeichen.
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Nr. 249.
Die Rothlaufsenche der Pferde.
Berlin, den 8. November 1881.
Nachdem die Rothlaufseuche der Pferde (auch Pferdestaupe genannt) sich als eine besondere Krankheit heraus-
gestellt hat, welche von der Influenza (oder Brustseuche) zu unterscheiden ist, sieht sich das Kriegs-Ministerium
veranlaßt, im Anschluß an den Anhang der Seuchen-Instruktion vom 1. April d. J. die nachstehenden be-
landeren Bestimmungen bekannt zu machen, wie sie dem gegenwärtigen Stande der Veterinär= Wissenschaft
entsprechen.
Die im Anhange zur Seuchen-Instruktion für die Influenza ertheilten Vorschriften finden einschließlich
der Beilage II. desselben auch auf die Rothlaufseuche sinngemäße Anwendung. Nur die im §. 4, 5 vor-
geschriebene Beobachtungsfrist ist bei der Rothlaufseuche, falls solche allein aufgetreten ist, nur eine drei-
wöchentliche.
Kriegs-Ministerium.
No. 77. 11. 81. A. 2. v. Kameke.
Die Rothlaufseuche der Pferde.
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8. 1.
Die Rothlaufseuche der Pferde ist eine akute fieb rhafte und ansteckende Infeklion skrankheit, die bisher
in den Begriff der Influenza gerechnet und als erysipelatöse (Rothlauf-) Form der Influenza bezeichnet wurde.
8. 2.
Die Krankheit erhält und verbreitet sich auf dem Wege der Ansteckung. Die Ansteckung erfolgt
entweder durch direkte Berührung der kranken mit den gesunden Pferden oder durch Zwischenträger, z. B. Personen,
welche den Ansteckungsstoff von kranken auf gesunde Pferde übertragen. Wie die krankmachende Ursache
in den Körper gelangt, ist bis jetzt nicht entschieden; vorläufig läßt sich nur annehmen, daß die Aufnahme
entweder in den Verdauungs= oder Athmungsorganen stattfindet.
Nach der Ansteckung vergehen einige Tage bis zum Ausbruche der Krankheit. Es beweist dies, daß
der Ansteckungsstoff erst ein gewisses Entwickelungsstadium erreichen muß, ehe er krankheitserregend wirkt.
Manche Pferde erkranken schwer, andere leicht, und noch andere gar nicht, trotzdem sie mit kranken
Pferden in Berührung gekommen, also der Ansteckung ausgesetzt waren.
8. 3.
1) Ein wichtiges Symptom der Rothlaufseuche ist das Fieber. In den leichten Fällen erreicht die
Körpertemperatur eine Höhe von 38.0—39,5, in den schweren dagegen von 40,0—41,0° C. und nech
darüber. Die Temperatur in der äußeren Haut schwankt. Derselbe Körpertheil ist zeitweise warm,
zeitweise kalt. Symmetrische Hautstellen, wie z. B. die beiden Hinterfüße, zeigen nicht nur sehr häufi
verschiedene Wärme, sondern auch, wenn die Temperatur sich ändert, erfolgt die Aenderung an
beiden Seiten nicht immer in gleichem Sinne. Aehnliche Schwankungen zeigt die Temperatur der
Nasenschleimhaut, die zuweilen kalt, andere Male warm ist. Die Haare sind oft gesträubt, wie
aufgebürstet so daß die Pferde ein rauhes Aussehen haben.
ie Zahl der Pulse ist erhöht. In leichten Fällen zählt man 50—60, in schweren 60—100
Pulse und darüber in der Minute. Der Bintdruck ist erniedrigt und der Puls daher weich und
leicht unterdrückbar. ·
2) Auffallend sind die nervösen Erscheinungen. Die Pferde sind eingenommen im Kopfe und
zeigen in den höheren Graden der Krankheit Erscheinungen des Hirndrucks, die sich durch aus-
gesprochene Störungen des Bewußtseins zu erkennen geben. Die Pferde stehen mit gesenktem, oft
auf die Krippe gestütztem Kopfe und achten nicht auf die Umgebung. Die oberen Theile des Kopfes
sind vermehrt warm.
Zu den nervösen Erscheinungen gehören auch die oft nachweisbaren Störungen in den Funktionen
des Rückenmarkes. Die Pferde haben einen schwankenden Gang, und wenn das Rückenmark schwer
betroffen ist, stellt sich Lähmung des Hintertheils 2c. ein.
Auch die Leistungsfähigkeit der Muskeln ist verringert. Die Pferde sind matt und abgeschlagen.
Schwer erkrankte Perde zeigen einen hohen Grad von Schwäche und Oinfälligkeit.