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3) Ferner werden auffällige Störungen im Verdauungsapparate beobachtet.
Die Schleimhaut des Maules ist etwas geröthet und die Zunge mit einer schmutzig grauen Masse
bedeckt. Ist das Fieber heftig, so ist die Maulschleimhaut trocken.
Die Freßlust fehlt gänzlich oder ist doch erheblich verringert; dagegen nehmen die Pferde zuweilen
viel Wasser auf. Die Bewegungen des Darms sind verlangsamt und der Mistabsatz daher verzögert.
Seltener ist Durchfall. Bei einzelnen Pferden sind leichte Kolikerscheinungen nachzuweisen. Zuweilen
besteht Gelbsucht. Die allgemeinen Ernährungsverhältnisse des Körpers verschlechtern sich. Die
Thiere magern etwas ab.
Die Harnabsonderung ist verringert. Der Harn wird in kleinen Mengen ausgeschieden; er ist gelblich
oder röthlichgelb gefärbt, enthält Eiweiß und ist zuweilen schleimig. Manche Pferde zeigen geringe
Reizungserscheinungen in den Harn= und Geschlechtsorganen. Sie stellen sich häufig zum Uriniren;
bei weiblichen Thieren ist die Schleimhaut der Scheide etwas geröthet.
4) Die Schleimhaut der Athmungswege ist Sitz eines leichten Katarrhs. Aus den Nasenlöchern
fließt eine geringe Menge einer wässerigen oder schleimigen Flüssigkeit. Dabei ist die Nasenschleimhaut
zuweilen etwas geröthet. Die Kehlgangsdrüsen sind in der Regel schwach geschwollen. Auch husten
die Pferde ab und zu. Die Zahl der Athemzüge ist nur wenig gesteigert. Die Pferde athmen
ewöhnlich 15—20 mal in der Minute. In den Fällen, wo die Reizung der Respirationswege eine
fürtere ist, kann die Zahl der Athemzüge bis auf 30 in der Minute steigen.
5) Hierzu kommen die fast immer nachweisbaren rothlaufartigen Schwellungen in der Unterhaut
der Extremitäten, des Schlauches bei männlichen Thieren, des Bauches, des Kopfes und des Halses.
Je nach dem Grade des Prozesses sind die Theile mehr oder weniger stark geschwollen, schmerthaft
und warm. Die in der Nähe der geschwollenen Theile gelegenen Lymphrrüsen sind etwas vergrößert.
Auch die Bindehaut der Augen kann rothlaufartig schwellen; sie hat dann ein Wallertartiges, glasiges
Aussehen, ist mehr oder weniger stark geröthet und sondert eine geringe Menge einer schleimig-
eitrigen Masse ab. Oft ist die Thränenabsonderung vermehrt.
6) Zuweilen treten auch innere Augenentzündungen mit Abscheidung blutiger und geronnener Massen
in die vordere Augenkammer und rothlaufartige Entzündungen der Weichtheile des Hufes (Verschlag,
Rehe) ein. 4
1. Die Krankheit verläuft ohne Komplikation fast immer günstig. Das Fieber dauert 3—5 Tage, um dann
in kurzer Zeit nachzulassen. Mit der Besserung beginnt auch eine regelmäßige Darmbewegung und
reichliche Entleerung des Darminhaltes. Letzterer ist meist breiig, oft flüssig. Die Thiere entleeren eine
rößere Menge Harn. Sie zeigen ein munteres Benehmen. Die Zahl der Pulse nimmt ab. Die
Feuktaf steigt. Die Muskelbewegungen werden freier. Es stellt sich Freßlust ein. Die Athem-
frequenz sinkt schnell bis zur Norm zurück. Allmälig verschwinden auch die rothlaufartigen
Schwellungen der oben genannten Körpertheile. Die Pferde erholen sich aber meist langsam, und
man kann annehmen, daß im Allgemeinen ein Zeitraum von etwa 2 Wochen bis zur völligen
Wiederherstellung erforderlich ist.
2) Der Tod kann erfolgen durch Lähmung des Herzens. Bei den Kennzeichen der Krankheit ist schon
mitgetheilt worden, daß die Triebkraft des Herzens verringert ist. Diese Abnahme in der Leistungs-
fähigkeit ist eine Folge des Fiebers und der gleichzeitigen Erkrankung des Herzens. Sind beide
bochgradig, so wird die Herzschwäche sehr auffallend. Der Puls ist kaum fühlbar. Es treten
Störungen in der Blutbewegung und der Tod ein. Oder die Thätigkeit des Gehirns erlischt;
dann ist der Tod die Folge einer Lähmung der nervösen Centralorgane. Oder es bildet sich im
Verlaufe der Krankheit eine rothlaufartige Schwellung in der Schleimhaut des Kehl- und Schlund-
kopfes aus, in diesen Fällen gehen die Pferde an Enstiäung zu Grunde.
Zuweilen entsteht nach der Rothlaufseuche eine Lähmung des Hintertheils, die einen tödtlichen
Ausgang herbeiführen kann. Auch ein zur Zeit der Besserung auftretender heftiger Durchfall kann
das Leben der Thiere bedrohen.
3) Namentlich aber ist der Eintritt einer Lungenentzündung zu fürchten. Die Erfahrung hat gelehrt,
daß sich bei den Pferden schon während der Krankheit oder in der Rekonvalescenzperiode eine
Lungenentzündung sehr leicht entwickelt, denn die Pferde sind für das Auftreten entzündlicher Prozesse
der Athmungswege prädisponirt. Die Lungenentzündung ist aber kein Symptom der Rothlaufseuche,
sie wird auch nicht durch die der letzteren zu Grunde liegenden Ursachen bedingt, sondern stellt eine
Komplikation dar, die häufig beobachtet wird und fast ausnahmlos tödtet.
Verlauf.