— 14 —
Finanz-Ministerium. .
Berlin, den 29. November 1883.
In der Verfügung vom 28. Juni d. J. — III. 8487 — ist auf Grund wiederholter Entscheidungen des
Reichsgerichts nachgegeben, daß als Kauf= und Lieferungsvertrag im kaufmännischen Verkehr im Sinne der
Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 30. April 1847 und der damit übereinstimmenden Vorschriften der Tarife
zu den Stempelsteuer-Verordnungen vom 19. Juli 1867 Nr. 29 d. und 7. August 1867 Nr. 28 d., jede von
einem Kaufmann vorgenommene Veräußerung der nach seinem Geschäft zur Veräußerung bestimmten bewe lien
Gegenstände behandelt werde, Aechiiel ob der Käufer oder Besteller der Waaren dieselben weiter zu verkaufen
beabsichtigt oder nicht. Da bei Auslegung der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 30. April 1847 die Vorschriften
des erst später in Kraft getretenen Handelsgesetzbuchs nicht maßgebend sein können, so kommt es für die
Anwendbarkeit der gevachten Kabinets-Ordre und der entsprechenden Bestimmungen in den vorher erwähnten
Stempeltarifen nicht darauf an, ob der Verkäufer oder Lieferungsübernehmer als Kaufmann im Sinne des
Art. 4 des Handeisgesetbuchs anzusehen ist; es genügt vielmehr, wenn er Gewerbetreibender ist und die
verkauften oder zu liefernden Waaren nach seinem Gewerbe zur Veräußerung bestimmt sind. Hiernach sind
* Bestimmungen z. B. auch dann anzuwenden, wenn der Besitzer einer Kohlengrube durch schrifilichen
ertrag zur Lieferung der Kohlen aus seiner Grube " verpflichtet, gleichviel ob der die Lieferung übernehmende
Grubenbesitzer eine Aktiengesellschaft, eine Gewerkschaft oder ein Einzelner ist.
Außer dem bisher besprochenen Falle des Abschlusses eines Kauf= oder Lieferungsvertrages seitens
ines Gewerbetreibenden über bewegliche Gegenstände, welche nach seinem Geschäft zur Veräußerung bestimmt
nd, fallen unter die Kabinets-Ordre vom 30. April 1847 und die entfprechenden Vorschriften der vorgenannten
E.
—
e
s .
Stempeltarife, dem bisherigen Verfahren gemäß, die Kauf= und Lieferungsverträge über solche bewegliche
Gegenstände welche der Käufer oder Besteller zum Zweck des Wiederverkaufs erwirbt, ohne daß es in diesem
Falle darauf ankommt, ob der Verkäufer oder Lieferungsübernehmer ein Gewerbetreibender ist oder nicht.
Der zu Kauf= und Lieferungsverträgen im kaufmännischen Verkehr erforderliche Stempel beträgt
zwar ½ Prozent, jedoch höchstens 1,50 .K. Bei Kaufverträgen im kaufmännischen Verkehr, welche mit einer
vom Stempel besreiten Person G. B. mit dem Reichs= oder dem Preußischen Fiskus) geschlossen sind, ist der
gedachte Stempel nur in der darstellbaren Hälfte von höchstens 1 K. erforderlich. Dagegen ist zu den im
aufmännischen Verkehr abgeschlossenen Verträgen über Lisferungen an das Reich, den Staat oder öffentliche
Anstalten, soweit nicht das Reichsstempelgesetz in Anwendung kommt, der Werthstempel von ½ Prozent bis
4 Höchstbetrage von 1,50 .„X. voll zu verwenden, indem auch für Lieferungsverträge im kaufmännischen
erkehr die Bestimmung unter „Lieferungsverträge“ in den Tarifen zu dem Stempelgesetz vom 7. März 1822
und den Stempelsteuer-Verordnungen vom 19. Juli und 7. August 1867 zur Geltung kommt, wonach
diejenigen, welche Lieferungen von Bedürfnissen der Regierung oder öffentlichen Anstalten übernehmen, den
vollen Stempelbetrag ausschließlich zu entrichten verpflichtet sind. Die entgegenstehende Bestimmung in der
Verfügung vom 28. Juni d. J. wirb hiernach abgeänderi.
Der zu Kauf= und Lieferungsverträgen im kaufmännischen Verkehr zu verwendende Stempel ist, wie
oben schon angedeutet, nicht als der sogenannte allgemeine Vertragsstempel, sondern als ein Kauf= oder
Lieferungs-Werthstempel (mit einem bestimmten #hstbeirag) usehen. ür die in solchen Verträgen etwa
enthaltenen Nebenberedungen (z. B. Kompromiß-Verträge) ist daher der allgemeine Vertragsstempel besoncden
zu verwenden. Dagegen werden bei Entre vise-Verträgen durch den dazu verwandten Stempel zugleich die
darin etwa enthaltenen Nebenberedungen gedeckt.
Ew. Hochwohlgeboren wollen die Ihnen untergeordneten Stellen mit entsprechender Anweisung versehen.
Der Finanz-Minister.
v. Scholz= v1
An die Herren Provinzial-Steuer-Direktoren, deten besonders, und den General-Inspektor 2c.
Herrn Grolig, Hochwohlgeboren zu Erfurt.
III. 14156.