I. Thätigkeit der ersuchenden Behörde.
1) Die Strafregister können zur Ermittelung steckbrieflich verfolgter Personen, deren Geburtsort
bekannt und im Bezirke einer Preußischen Registerbehörde belegen ist, benutzt werden.
2) Die Behörde, welche einen Steckbrief erläßt (verfolgende Behörde), hat, wenn sie von dieser
Befugniß Gebrauch machen will, der Registerbehörde, in deren Bezirk der Geburtsort der ver-
folgten Person gelegen ist, Nachricht zu geben.
3) Zu der Benachrichtigung ist ein Formular nach anliegendem Muster zu benutzen. Zu demselben
ist %5 von rother Farbe zu verwenden. Für Größe und Format ist Formular A
maßgebend. .
Die bisher zu Steckbriefsnachrichten benutzten Formulare können aufgebraucht werden,
wenn fie in Bezug auf Größe, Format und Farbe des Papiers mit dem vorgeschriebenen Muster
genau übereinstimmen.
4) Führt die steckbrieflich verfolgte Person befugter oder unbefugter Weise mehrere Familiennamen,
o ist auf jeden Namen eine besondere Steckbriefsnachricht, unter ausdrücklicher Verweisung auf
die andere Steckbriefsnachricht, aufzustellen und abzusenden. Bei der Anfertigung von Steckbriefs-
nachrichten für Frauen kommen die Bestimmungen unter Nr. 11 der Ausführungsverfügung
vom 12. Juli 1882 zur Anwendung.
5) Wird der Steckbrief durch Ergreifung der verfolgten Person, durch Zurücknahme oder auf andere
Weise erledigt, so ist der Registerbehörde hiervon sogleich Mittheilung zu machen.
II. Geschäfte der Registerbehörde. #
6) Auf die Behandlung und Verwahrung der Steckbriefsnachrichten finden die für die Strafnach-
eichten gegebenen Vorschriften (Nr. 12 bis 18 der Ausführungsverfügung vom 12. Juli 1882)
und nachstehende Bestimmungen (Nr. 7 bis 13) Anwendung.
7) Der Sekretär der Registerbehörde hat unmittelbar nach dem Eingange der Steckbriefsnachricht zu
prüfen, ob Strafnachrichten über die verfolgte Person vorhanden sind.
8) Ergiebt sich hiernach, daß die verfolgte Person zur Zeit eine Freiheitsstrafe verbüßt, oder ist sonst
deren Aufenthalt bekannt geworden, so hat die Registerbehörde die verfolgende Behörde hiervon
zu benachrichtigen. Wenn der Aufenthalt nicht bekannt ist, sich aber nach dem Inhalt der Straf-
nachrichten, den in letzter Zeit eingegangenen Ersuchen um Auskunft oder aus anderen der
Registerbehörde bekannt gewordenen Thatsachen vermuthen läßt, daß an anderer Stelle der
Aufenthalt der gesuchten Person bekannt sei, so ist der verfolgenden Behörde der diese Vermuthung
begründende Sachverhalt mitzutheilen.
9) Die Steckbriefsnachricht ist, wenn der Fall der Nr. 8 nicht vorliegt, vorläufig aufzubewahren.
Geht später von einer anderen Behörde eine Strafnachricht oder ein Ersuchen um Auskunfts-
ertheilung ein, so ist der Behörde, welche den Steckbrief erlassen hat, hiervon Mittheilung zu
machen. Beim Eingang einer von einer anderen Behörde ertheilten Steckbriefsnachricht ist einer
jeden verfolgenden Behörde die andere verfolgende Behörde zu bezeichnen.
10) Die Mittheilungen erfolgen in der Form einer von dem Sekretär unter ugnahme auf die
Steckbriefsnachricht zu erstattenden Anzeige. Ist der Aufenthalt der gesuchten Person bekannt, so
ist die Anzeige auf die Rückseite der Steckbriefsnachricht zu setzen. Die Anzeigen sind der ver-
folgenden Behörde ohne Anschreiben unter Briefumschlag zu übersenden.
11) Gehört der Geburtsort zu dem Bezirk einer anderen Registerbehörde, so ist die Steckbriefsnachricht
an diese abzugeben (Nr. 15 der Ausführungsverfügung vom 12. Juli 1882) und der verfolgenden
Behörde hiervon Mittheilung zu machen.
12) Die Steckbriefsnachrichten werden weder in das Tagebuch, noch in das Notizbuch eingetragen.
13) Die Vernichtung der Steckbriefsnachrichten erfolgt, wenn eine Mittheilung über Erledigung des
Steckbriefs eingeht oder wenn seit der Niederlegung drei Jahre verflossen sia Die zu ver-
aiktene Steckbriefsnachrichten sind bei der vorgeschriebenen Durchsicht der Registersächer aus-
zusondern. «
14) Gehen von Militärbehörden oder Polizeibehörden Steckbriefsnachrichten ein, so sind dieselben in
gleicher Weise wie die Steckbriefsnachrichten der Justizbehörden zu behandeln.
Berlin, den 6. Oktober 1887.
Der Justizminister.
I. 3152. Crim. 21. Vol. 3. Friedberg.