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der Zeugen und der Sachverständigen wird nur das Wesentliche in das Protokoll aufgenommen. Insoweit
diese Personen bereits im Ermittelungsverfahren vernommen waren, ist in dem Protokoll nur zu vermerken,
ob und inwiefern ihre Erklärungen etwa von den früheren Aussagen in erheblichem Punkte abweichen. Kommt
es auf die Feststellung eines Vorganges in der Spruchsitzung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer
Aeußerung an, so hat der Präses die vollständige Niederschreibung und Verlesung anzuordnen. In dem
Protokolle ist zu bemerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Ein-
wendungen erhoben sind. Im Uebrigen bedarf es der Vorlesung des Protokolls nicht. Hat ausnahmsweise
schon vor der Spruchsitzung die eidliche Vernehmung von Zeugen stattgefunden, so kann, wenn die Lage der
Sache dies gestattet, von der nochmaligen Vernehmung abgesehen werden. In diesem Falle genügt die Vor-
lesung des früher ausgenommenen Protokolls.
S. 15.
Ueber das Ergebniß der Beweisaufnahme entscheiden die Spruchgerichte nach ihrer freien, aus dem
Inbegriff der Verhandlungen geschöpften Ueberzeugung. Aus den Erkenntnißgründen muß stets genau hervor-
gehen, welche Thatsachen vom Spruchgerichte für festgestellt erachtet sind.
S. 16.
Kein Richter darf die Abstimmung über eine Frage verweigern, weil er über eine vorhergegangene
Frage in der Minderheit geblieben ist.
4 8. 17.
Die Ausfertigungen der Erkenntnisse werden nur von dem Präses und dem Referenten unterzeichnet.
Einer Untersiegelung bedarf es nicht.
S. 18.
Der Kommandeur der Schutztruppe hat das Bestätigungsrecht eines Marine-Stationschefs, der Reichs-
lanzler (Reichs-Marine-Amt) dasjenige des kommandirenden Admirals. Die Erkenntnisse wider obere Militär-
beamte bedürfen, wie die Erkenntnisse wider Offiziere, Meiner Bestätigung.
S. 19.
Die Begutachtung eines Erkenntnisses erfolgt: wenn dasselbe durch den Reichskanzler (Reichs-Marine-
Amt) zu bestätigen ist, durch einen Auditeur Meiner Marine, wenn dasselbe durch den Kommandeur der
Schutztruppe zu bestätigen ist, durch einen Auditeur Meiner Marine oder durch einen zur Ausübung des
Richteramts befähigten deutschen Konsul oder einen anderen hierzu befähigten Beamten.
§. 20.
Erfolgt die Aufhebung eines Erkenntnisses, so darf zu dem neuen Spruchgerichte der frühere Referent
als solcher wieder zugezogen werden. Das neue Spruchgericht bat die rechtliche und militärdienstliche Beur-
bheilung, welche der Auzebung des Erkenntnisses zu Grunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zu Grunde
zu legen.
8. 21.
Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten einschließlich erfolgt, soweit dies angängi
an Ort und Stelle; die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von längerer Dauer erfolgt in der Heimath und ist
vom Reichskanzler (Reichs-Marine-Amt) nach Maßgabe der für die Angehörigen Meiner Marine bestehenden
Vorschriften zu veranlassen.
§. 22.
Die Geschäfte des General-Auditoriats und des General-Auditeurs werden von dem General-Auditoriat
und dem General-Auditeur Meiner Marine wahrgenommen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben an Bord Meiner Vacht „Meteor“ Kiel, den 3. Juni 1891.
(L. S) Wilhelm.
In Vertretung des Reichskanzlers.
Hollmann.
Kriegsministerium. Berlin den 11. Juli 1891.
Vorstehende Allerhöchste Derordnung wird unter Bezugnahme auf die Veröffentlichungen Nr. 102
und Nr. 118 des Armee-Verordnungs-Blattes für 1891 bierdurh. zur Kenntniß der Armee gebracht.
No. 151/7. 91. A. 1. v. Kaltenborn.