Full text: Armee-Verordnungs-Blatt Fünfundzwanzigster Jahrgang (25)

— 19 — 
erwerbsfähig sind, unterliegen der Versicherung auch dann, wenn sie eine Altersrente — welche nur einen 
von der Erwerbsunfähigkeit unabhängigen Zuschuß zu dem Arbeitsverdienst darstellt — beziehen, oder wenn 
sie vom Reich, von einem Bundesstaate oder einem Kommunalverbande Pensionen oder Wartegelder, oder 
wenn sie auf Grund der reichsgesetzlichen Bestimmungen über Unfallversicherung — z. B. wegen nur theil- 
weiser Erwerbsunfäbigkeit oder als hinterbliebene Wittwen oder als Aszendenten verunglückter Arbeiter — 
eine Rente empfangen. Nur wenn die Pensionen, Wartegelder oder Unfallrenten den Mindestbetrag der 
Invalidenrente erreichen, sind die Empfänger dieser Bezüge auf ihren Antrag durch die untere Verwaltungs- 
behörde ihres Beschäftigungsortes von der Versicherungspflicht zu befreien (G 4 Absatz 3 des Gesetzes). 
IV. Abweichend von den Reichsgesetzen über die Kranken= und Unfallveisicherung, welche den Eintritt 
der Versicherung an bestimmte Betriebe knüpfen, wird von dem Invaliditäts= und Altersversicherungsgesetz die 
arbeitende Bevölkerung sämmtlicher Berufezweige erfaßt, und werden alle Personen, welche als Arbeiter oder 
als untergeordnete Betriebsbeamte ihre Arbeitskraft gegen Lohn für Andere verwerthen, dem Versicherungs- 
zwange unterworfen. Es fallen daher sowohl die in der Landwirthschaft, der Industrie und dem Handel, wie 
die in der Hauswirthschaft, im Reichs-, Staats= oder leammunaldibuste) für lirchliche und Schulzwecke 2c. als 
Arbeiter, Gehülfen, Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten, Betriebsbeamte, Handlungsgehülfen oder Handlungslehrlinge 
Beschäftigten unter das Gesetz, sofern die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen der Versicherungspflicht bei 
ihnen zutreffen. Diejenigen Personen dagegen, welche nicht mit ausführenden Arbeiten vorwiegend materieller 
Art, sondern mit einer ihrer Natur nach höheren, mehr geistigen (wissenschaftlichen, künstlerischen 2c.) Thätigkeit 
beschäftigt werden, und durch ihre soziale Stellung über den Personenkreis sich erheben, der nach dem gewoͤhn- 
lichen Sprachgebrauch und vom Standpunkt wirthschaftlicher Auffassung dem Arbeiter= und niederen Betriebs- 
beamtenstande angehört, unterliegen nicht der Versicherungspflicht. 
V. Die Versicherungspflicht wie die Versicherungsberechtigung erstreckt sich gleichmäßig auf männliche 
und weibliche, verheirathete und unverheirathete Personen. Auch die im Inlande beschäftigten Ausländer sind 
als versicherungspflichtig (versicherungsberechtigt) anzusehen. 
VI. Von der Dauer der Beschäftigung, welche für die Krankenversicherung von entscheidender 
Bedeutung ist, wird die Versicherungspflicht nach dem Gesetz nicht abhängig gemacht. Auch eine nur vorüber- 
gehende Dienstleistung, mag dieselbe ihrer Natur nach oder aus mehr zufälligen Gründen, wie z. B. vorüber- 
gehende Hülfsleistung in der Ernte, auf nur kurze Zeit beschränkt sein, begründet die Versicherungspflicht. 
edoch kann durch Beschluß des Bundesraths bestimmt werden, inwieweit vorübergehende Dienstleistungen als 
Beschäftigung im Sinne des Gesetzes nicht anzusehen sind (s. 3 Absatz 3 des Gesetzes). 
VII. Diejenigen Personen, welche berusemäßg einzelne Maheslure Dienstleistungen bei wechselnden 
  
Arbeitgebern übernehmen, z. B. Hafenarbeiter, Kofferträger, Dienstmänner, Lohndiener, Führer, Friseusen, 
Krankenpflegerinnen, ferner Aufwartefrauen, Waschfrauen, Nähterinnen, Büglerinnen, die auf jedesmalige 
Bestellung in den Häusern der Kunden arbeiten, unterliegen der Versicherungspflicht dann, wenn sie als 
Arbeiter, dagegen nicht, wenn sie als selbstständige Gewerbetreibende anzusehen sind. Im Allgemeinen werden 
ie sogenannten unständigen Arbeiter, wie die freien landwirthschaftlichen Arbeiter, die Hafenarbeiter, die Wege- 
arbeiter, die Waschfrauen rc., welche von Haus zu Haus gehen, als unselbstständige Lohnarbeiter, dagegen die 
selbstständigen Kofferträger, Führer, Dienstmänner (vergleiche §. 37 der Gewerbeordnung, Reichs-Gesetzbl. 1883 
Siell. Lohndiener, Krankenpflegerinnen, Friseusen in der Regel als gewerbliche Unternehmer zu be- 
andeln sein. 
  
S 
I. Auch diejenigen Personen, welche von Gewerbetreibenden außerhalb ihrer Betriebsstätten 
beschäftigt werden (§ 2 Ziffer 4 des Krankenversicherungsgesetzes), sind als versicherungspflichtige Lohnarbeiter 
anzusehen, sofern sie nicht Hausgewerbetreibende sind (vergleiche Nr. XIX). 
4Verwandte des Arbeitgebers, insbesondere Hauskinder, welche zu diesem in einem die Versicherung 
begründenden Verhältnisse stehen, unterliegen gleichfalls den Vorschriften des Gesetzes (vergleiche jedoch hierzu 
Nr. X). Eine Ausnahme machen nur die Eheleute unter einander, da zwischen ihnen nach dem Wesen der 
Ee miealg eines der für die Begründung der Versicherung erforderlichen Abhängigkeits-Verhältnisse 
bestehen kann. 
X. Das Invaliditäts= und Altersversicherungsgesetz versichert abweichend von den Unfallversicherungs- 
esetzen nur die gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Arbeiter 2c. Um das Versicherungsperhältuiß zu 
egründen, ist es jedoch nicht erforderlich, daß der für die Beschäftigung gewährte Grtzelt in baarem Gelde 
besteht. Es genügt vielmehr hierzu auch die Gewährung von Naturalbezügen, z. B. Wohnung, Feuerung, 
Kleidung, Gartennutzung, Kuhweide, Kartoffelland u. s. w. (§ 3 Absatz 1 des Gesetzes). · 
ne Belang ist auch die Art der Lohnzahlung; es kann ber Lohn als Tagelohn oder sonstiger 
Zeitlohn, als Stücklohn oder als Antheil an der Einnahme (Tantième) gezahlt werden. Hiernach ist beispiels-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.