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Als Betriebsbeamte im Sinne des Gesetzes haben Hiernach diejenigen Personen zn gelten, welche in
Betrieben der vorgedachten Art mit einer über die Thätigkeit des Arbeiters oder Gehülfen hinausgehenden,
leitenden oder beaufsichtigenden Funktion betraut sind (vergleiche jedoch Nr. III.Ziffer 1 und 2). Der Schwer-
punkt der Beschäftigung des Betriebsbeamten liegt nicht im persönlichen Eingreifen bei der eigentlichen Arbeits-
thätigkeit, vielmehr muß dem Betriebsbeamten eine gewisse Betheiligung an der Betriebsleitung und eine
Aufsichtsstellung gegenüber den Arbeitern zustehen, so daß derselbe nicht wie ein Vorarbeiter sich an der Spitze
der Arbeiter oder einer Arbeitergruppe des Betriebes befindet, sondern als Vertreter der Betriebsleitung den
Arbeitern gegenübertritt. Hiernach wird auch im Einzelfalle zu beurtheilen sein, ob sogenannte Werkmeister
oder Werkführer als Betriebsbeamte oder Arbeiter zu behandeln sind. · ·
Die Vorstandsmitglieder von Aktien= und ähnlichen Gesellschaften, die Prokuristen und Handlunge=
bevollmächtigten sind nur dann versicherungspflichtige Betriebsbeamte, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeits-
verdienst an Lohn oder Gehalt 2000 Mark nicht übersteigt (vergleiche Nr. XVI). Die Aufsichtsrathsmitglieder
fallen, da ihnen lediglich eine überwachende Thätigkeit obliegt, ohne daß sie Angestellte der betreffenden
Gesellschaft sind, nicht unter die Versicherung. · ·«
X. Unter die „Handlungsgehülfen“ und „„Lehrlinge" fallen alle im Handelsgewerbe mit Diensten
kaufmännischer Art (Mitwirkung bei Handelsgeschäften, Buchführung, Gorresponden) beschäftigten Personen.
Die Versicherungspflicht umfaßt daher sowohl die vorgenannten Handlungsbevollmächtigten und Prokuristen
als auch die Buchhalter und Kassirer, die Handlungsreisenden, Kommis und Verkäuferinnen. Vollständig
ausgeschlossen von der gesetzlichen Versicherung sind nach §. 1 Ziffer 2 des Gesetzes die in Apondelen be-
schäftigien Gehülfen und Lehrlinge. Indessen ist diese Ausnahmebestimmung nur für die eigentlichen Apotheken,
nicht auch für ähnliche gewerbliche Unternehmungen, wie Droguen= und Parfumeriehandliingen, oder die mit
Apotheken verbundenen Mineralwasser= 2c. Fabriken 2c. maßgebend. ·
» .DieVersicherunggpflichtistbeiBetriebsbeamten,HandlungsgehiilfqnAbs-Lehrlingen(vet-
gleiche Nr. XIV und XV) auf diejenigen beschränkt, deren regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder
Gehalt 2000 .X nicht übersteigt. Der Umstand, daß ein Betriebsbeamter 2c. eigenes Vermögen besitzt, und
in Folge dessen sein gesammtes Jahreseinkommen 2000 übersteigt, schließt die Versicherungspflicht nicht
aus. Als regelmäßiger Arbeitsverdienst ist derjenige angusehen, welchen der Betriebsbeamte 2c. eine Reihe
von Jahren hindurch in einer gewissen gleichmäßigen Höhe bezogen hat, oder auf den er, von besonderen,
nicht vorauszusehenden Zufällen abgesehen, mit Bestimmtheit rechnen kann. Ist ein Betriebsbeamter rc. gleich-
zeitig bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt und bezieht hierfür insgesammt an Lohn oder Gehalt regelmäßig
mehr als 2000 „4, so ist derselbe nicht versicherungspflichtig. »
XVII. Seeleute sind diejenigen Personen, welche als Schiffer, Personen der Schiffsmannschaft,
Maschinisten, Aufwärter oder in anderer Eigenschaft zur Schiffsbesatzung gehören (§. 1 des Seeunfallver-
sicherungsgesetes vom 13. Juli 1887, Reichs-Gesetzbl. Seite 329). Ein deutsches Seefahrzeug ist nach §. 2
es See unfallversicherungsgesetzes jedes ausschließlich oder vorzugsweise zur Seefahrt benutzte Fahrzeug, welches
unter deutscher Flagge fährt. Auf die Größe des Fahrzeuges kommt es — abweichend vom Seeunfallver-
sicherungsgesetz (§. 1 Absatz 2 a. a. O.) — hier nicht an. Der Führe (Kapitän) eines Fahrzeuges unterliegt
der serionh auch wenn sein regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 20004
übersteigt.
XVIII. Als Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes ist derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der
Lohn gezahlt wird. Dies trifft auch dann zu, wenn die den Lohn oder Gehalt darstellenden Beträge von
Seiten Dritter gezahlt werden, sofern nur die Arbeiter 2c. auf diese Bezüge von dem Arbeitgeber als. Entgelt der
ihm geleisteten Arbeit verwiesen sind. Dies gilt beispielsweise von Kellnern, welche auf Trinkgelder der Gäste,
bei Arbeitern 2c. in Betrieben des Reichs, des Staats oder der Kommunalverwaltungen, welche auf Gebühren
angewiesen sind. ·
Die bei sogenannten Akkordverhältnissen oft zweifelhafte Frage, ob der Akkordant, welcher thatsächlich
den Lohn an die Arbeiter zahlt, als Arbeitgeber in ollgene Sinne oder aber mit Rücksicht darauf, daß er die
gezahlten Löhne in dem ihm gewährten Akkordlohn erstattet erhält, als Mittelsperson des eigentlichen Arbeit=
gebers anzusehen ist, wird sich nur nach Lage der gesammten Verhältnisse des Einzelfalles entscheiden lassen.
Dabei kommen als maßgebende Gesichtspunkle in Betracht das Maß der Abhängigkeit oder Selbstständigkeit
des Akkordanten in Beziehung auf die Arbeitsthätigkeit und sein persönliches Verhalten bei derselben, die
allgemeine soziale Stellung des Akkordanten, der Umfang seiner Verantwortlichkeit für die Ausführung der
im übertragenen Arbeit, die Höhe des Entgelts, sowie der Umstand, ob der Entgelt einen eigentlichen
nternehmergewinn für den Arbeitenden oder lediglich einen dem Durchschnittswerth entsprechenden Lohn
der Arbeit darstellt. Hiernach wird beispielsweise im Allgemeinen der Gutsherr, nicht der Gutstagelöhner