Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

122 Drittes Buch. Die Organisation des Deutschen Reiches. 
werden (Wahlreglement § 7, Abs. 2). Maßgebend ist die letzte allgemeine Volks- 
zählung. Die Zusammenlegung mehrerer Gemeinden zu einem Wahlbezirk ist nur 
in zwei Fällen zulässig (Wahlreglement § 7, Abs. 2): Einzelne bewohnte Be- 
sitzungen können Nachbargemeinden zugelegt werden. Kleine oder solche Ortschaften, 
in welchen Personen, die zur Bildung des Wahlvorstandes geeignet find, sich nicht 
in genügender Zahl vorfinden, können mit benachbarten Ortschaften vereinigt 
werden, indeß darf der Wahlbezirk auch in diesem Falle nicht über 3500 Seelen 
enthalten. 
Die Reichstagswahlen sind allgemeine, wenn die Wahlen für das ganze 
Reich vorgenommen werden, oder besondere. Letztere finden statt, wenn eine 
Wahl nicht angenommen oder für ungültig erklärt wird, oder wenn ein Reichstags- 
mitglied ausscheidet. Allgemeine Wahlen werden vom Kaiser ausgeschrieben (Wahl- 
gesetz § 14), besondere (Ersatz-, Nach= oder Stichwahlen) von der zuständigen 
Landesbehörde (in Preußen vom Regierungspräsidenten oder Wahlkommissar). Der 
Wchltag it für alle Wahlkreise der gleiche (vgl. hierzu Laband, Reichsstaatsrecht, 
I. S. 287). 
Wenn die allgemeinen Wahlen in Folge Ablaufs der Wahlperiode eintreten, 
so ist der Kaiser bei der Ausschreibung der Wahl nur durch die Vorschrift in 
Artikel 13 der Reichsverfassung gebunden, wonach der Reichstag alljährlich zu 
berufen ist!. Werden die allgemeinen Wahlen wegen Auflösung des Reichs- 
tages nöthig, so gilt die Vorschrift in Artikel 25 der Reichsverfassung, daß inner- 
halb eines Zeitraumes von 60 Tagen nach der Auflösung die Wähler, und inner- 
halb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt 
werden müssen. 
Die Kosten des Wahlgeschäftes werden, soweit sie durch die Druckformulare zu 
den Wahlprotokollen oder durch die Ermittelung des Wahlergebnisses entstehen, von 
den Staaten, im Uebrigen von den Gemeinden getragen (Wahlgesetz § 16). 
Wählerliste. 
Für jeden Wahlbezirk ist bei jeder Wahl eine Wählerliste aufzustellen und 
auszulegen. Nur bei Nach-(Ersatz= Wahlen, die innerhalb eines Jahres, von der 
letzten allgemeinen Wahl gerechnet, stattfinden, werden weder neue Wählerlisten 
aufgestellt, noch die alten wieder ausgelegt. 
Die Ausfstellung der Wählerlisten erfolgt unter Leitung und Verantwortlichkeit 
des Gemeindevorstandes in zwei Ausfertigungen. In die Listen find die Wahl- 
berechtigten entweder nach Straßen oder nach der alphabetischen Reihenfolge ein- 
zutragen, und zwar mit Vor= und Zunamen, Alter, Beruf und Wohnort. Die 
Hauptausfertigung der Liste muß spätestens vier Wochen vor dem Wahltage zu 
Jedermanns Einsicht ausliegen. Sie darf nicht vor Festsetzung des Wahltages 
ausliegen (vgl. Bundesrathsprotokolle 1873, § 561, Seydel, in Hirth's Annalen 
1880, S. 371, Anm. 3). Der Beginn des Ausliegens ist in ortsüblicher Weise 
von dem Gemeindevorstand bekannt zu machen unter Hinweis auf das Einspruchs- 
recht und die Einspruchsfrist und die Stelle, wo die Liste eingesehen werden kann 
(Wahlgesetz § 8, Abs. 2, Wahlreglement § 2, Abs. 2). Die Liste muß mindestens 
an acht aufeinander folgenden Tagen während der bei der Behörde üblichen Ge- 
schäftsstunden ausliegen (vgl. Sten. Ber. des Reichstages 1871, S. 8382). Endet 
die achttägige Auslegungsfrist mit einem Sonn= oder Feiertage, so wird sie um 
einen Tag verlängert, Seydel, in Hirth's Annalen 1880, S. 372, Drucksachen 
des Reichstages 1871, Nr. 50 (III, S. 136). Jeder, quivis ex populo, gleichviel 
ob wahlberechtigt oder nicht, kann innerhalb acht Tagen, vom Beginn der Aus- 
legung gerechnet, gegen die Liste Einspruch erheben. Ueber den Einspruch entscheidet 
  
  
1 Welche Folgen die Nichtbeachtung nach sich Eingetragener kann also in diesem Falle seine 
zieht, siehe weiter unten. Eintragung in die Wählerliste nicht erwirken; 
2# Ein während des Jahres Zuziehender oder vgl. Seydel, in Hirth's Annalen 1880, S. 371, 
ein versehentlich bei der allgemeinen Wahl nicht! Anm. 1.
	        
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