10 Erstes Buch. Entstehung des heutigen Deutschen Reiches.
Sachsen, Kurhessen, Nassau und Luxemburg, 10. von Hannover, Braunschweig,
beiden Mecklenburg, Holstein, Oldenburg und den Hansestädten. Die drei Armee-
corps 8, 9 und 10 hießen die combinirten. Außerdem hatte der Bund aus den
Contingenten der Staaten, welche zu den vorbeschriebenen zehn Armeecorps nicht
beitrugen, noch eine Reserve -Infanterie -Division. Bundesfestungen waren Luxem-
burg, Mainz, Landau, Rastatt und Ulm. Das Eigenthum an den Festungswerken
und das Besatzungsrecht stand dem Bunde zut.
Keinem Bundesmitgliede war der Austritt aus dem Bunde gestattet. Die
Bundesmitglieder waren verpflichtet, „sich einander unter keinerlei Vorwand zu
bekriegen, noch ihre Streitigkeit mit Gewalt zu verfolgen, sondern bei der Bundes-
versammlung anzubringen.“ Bei Streitigkeiten der Bundesmitglieder unter ein-
ander sollte zunächst durch einen Ausschuß des Bundestages eine Vermittelung
versucht werden. Mißlang diese, so hatte ein „Austrägalverfahren“ stattzufinden.
Der Staat, gegen welchen Beschwerde geführt wurde, und falls er zögerte, die
Bundesversammlung benannte drei unbetheiligte Bundesmitglieder, aus denen der
Beschwerdeführer eines wählte, worauf das höchste Gericht des gewählten Bundes-
staates „im Namen und an Statt der Bundesversammlung, sowie vermöge Auftrages“
derselben als Austrägalinstanz den Streit entschied 4#. Das sofort rechtskräftige
Urtheil wurde nöthigenfalls vom Bunde zur Vollstreckung gebracht.
Die Angehörigen eines zum Deutschen Bunde gehörigen Gebietes waren zu-
gleich Angehörige des Deutschen Bundes. Sie waren nicht Unterthanen des
Bundes, noch Mitglieder desselben, wohl aber standen ihnen gewisse durch den Bund
und die Bundesverfassung garantirte Rechte zu. Es bestand Religionsfreiheit für
Katholiken, Lutheraner und Reformirte. Diese Verschiedenheit des Bekenntnisses
sollte für Katholiken, Lutheraner und Reformirte ohne Einfluß auf den Erwerb
und die Ausübung der bürgerlichen und politischen Rechte sein. Den Bekennern des
jüdischen Bekenntnisses war die „bürgerliche Verbesserung“ in Aussicht gestellt.
Jeder Bundesangehörige hatte ferner das Recht, in jedem Bundesstaate unter
den nämlichen Bedingungen wie ein Einheimischer Grundeigenthum zu erwerben.
Er besaß die Befugniß zur Ueberwanderung in einen anderen Bundesstaat, ohne
dafür Abgaben (gabella emigrationis) zahlen zu brauchen.
Ganz besondere Vorschriften enthielt die Bundesverfassung zu Gunsten der
früheren reichsunmittelbaren und zugleich reichsständischen wie zu Gunsten der
früheren reichsunmittelbaren, aber nicht zugleich reichsständischen Familien. Die
deutsche Bundesacte (Art. XIV), die Wiener Congreßacte (Art. 23 und 48) und
die Wiener Schlußacte (Art. 67) sicherten den vormals unmittelbaren deutschen
Reichsständen unter Anderem zu: a. die Zugehörigkeit zum hohen Adel und Eben-
bürtigkeit mit den regierenden Häusern, b. daß sie und ihre Familien „die privilegirteste
Klasse, insbesondere in Ansehung der Besteuerung bilden, c. daß ihnen alle aus ihrem
Eigenthum und dessen ungestörtem Genuß herrührenden Rechte, welche nicht zu der
Staatsgewalt und den höheren Regierungsrechten gehören, verbleiben“. Insbesondere
sollten ihnen hiernach nach dem Wortlaute der Rheinbundsacte (Art. 27) zustehen:
„tous les droits seignériaux et féodaux non essentiellement inhérents à la sou-
veraineté“, auch die Polizei, nur nicht die „haute police, la 16gislation, jurisdic-
tion suprème, conscription militaire ou recrement, impot". Zur Ausführung der
Bundesgesetze ergingen in Preußen die Verordnung vom 21. Juni 1815 (Ges.-S.
S. 103), welche Artikel XIV der Bundesacte wiederholt und nähere Angaben über
die Privilegien macht, und die Instruktion zu dieser Verordnung vom 30. Mai 1820
(Ges.-S. S. 81). Die Standesherren haben den Huldigungseid zu leisten und sind
den allgemeinen Landesgesetzen unterworfen; sie haben Rechte aus Titel und Wappen
(„Wir“), Kirchengebet, öffentliche Trauer, Ehrenrechte; sie mit ihren Familienmit-
gliedern find befreit von „aller Militärpflicht“, Grund= und Personalsteuern, aber nicht
von indirekten Steuern. Vom Erbschaftsstempel find fie bei Succeeffionen in die
Standesherrschaft, welche innerhalb der Familie stattfinden, unbedingt, bei anderen
Erbschaften und Vermächtnissen aber nur insoweit befreit, als diese innerhalb der
1 . # G. Meyer, S. 117, Zachariä, 2 Vgl. ZJachariä, II, S. 837 f.; G.
1 Meyer, . 113.