Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

6 7. Das Berordun#srecht. 201 
waltungsvorschriften, nämlich den Sinn von Vorschriften, die keine Rechtsnormen 
sind und nur für die Verwaltung gelten wollen und gelten sollen, verbunden haben 
kann, sondern daß sie damit Vorschriften gemeint hat, welche nicht von der Ver- 
faffung, noch vom Gesetzgeber, sondern von der Verwaltung erlassen werden. 
Daß der amtliche und allgemein übliche Sprachgebrauch unter Verwaltungs- 
vorschriften auch Rechtsvorschriften, nämlich alle nicht vom Gesetzgeber erlassenen, 
begreift, erhellt auch u. A. aus Art. 38, Nr. 1 der Reichsverfassung, da Ver- 
waltungsvorschristen, auf Grund deren Steuern vergütet und ermäßigt werden, 
Rechtsnormen sein müssen, aus § 152 des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869 
(B.-G.= Bl. 1869, S. 317), aus Art. 37 der Reichsverfassung, wo unter Ver- 
waltungsvorschriften alle nicht in der Form des Gesetzes erlassenen Verordnungen, 
z. B. Aus= und Einfuhrverbote, begriffen sind. Uebrigens kann der Bundesrath 
„Verwaltungsvorschriften“ im Sinne von „Verwaltungsverordnungen“, d. h. von 
Verordnungen, die nur die Verwaltungsbehörden verpflichten, gar nicht, wenigstens 
nicht unmittelbar, erlassen. Solche Verordnungen können nur die Landesregierungen 
erlassen 2 Wenn gefragt wird, warum die Verfassung, wenn sie auch Rechts- 
vorschriften in Art. 7, Ziff. 2 gemeint hat, nicht bloß „Vorschriften“ gesagt hat, 
so ist zu erwidern, daß sie dies gethan hat, um den Erlaß von „Verfassungs- 
vorschriften“ und „Gesetzesvorschriften“ allein durch den Bundesrath auszuschließen. 
Die Ansicht, daß mit „Verwaltungsvorschriften“ auch Rechtsvorschriften gemeint 
sind, wird schließlich nicht durch den Hinweis darauf widerlegt, daß nach Art. 48, 
Abs. 2 der Reichsverfassung gewisse Gegenstände des Post= und Telegraphenwesens 
nicht der Gesetzgebung, sondern der reglementarischen Festsetzung oder administrativen 
Anordn ung überlassen bleiben sollen, welche Vorschrift überflüssig wäre, wenn der 
Bundesrath auch Rechtsvorschriften erlassen könnte. Denn Art. 48, Abs. 2 bezieht 
sich nicht auf Verordnungen des Bundesraths, sondern des Kaisers, ferner nicht 
auf Ausführungsverordnungen, sondern auf selbstständige, nämlich solche Verordnungen, 
welche in Preußen aus dem eigenen Rechte des Verordnenden erlassen wurdens. 
Daß unter Verwaltungsvorschriften auch Rechtsvorschriften gemeint find, ergiebt 
schließlich auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift in Ziff. 2 des Art. 7, welche 
sich in der Verfassung des Norddeutschen Bundes noch nicht, bezw. in Art. 87 nur 
beim Zollwesen befunden hat. In der Sitzung des Reichstages am 7. Dec. 1870 
(Sten. Ber. S. 122) brachte der Abgeordnete Lasker seine Auffassung des Art. 7, 
Ziff. 2 in folgenden Worten zum Ausdruck: „In der neuen Bestimmung des 
Artikels 7 wird eine Aufgabe des Bundesraths gesetzlich definirt, welche ihrem Wesen 
nach, soviel ich übersehe, zum Theil entnommen ist aus dem Zollvereinigungs- 
vertrag und zum Theil aus der Praxis, welche sich bereits beim Bundesrath ge- 
bildet hat. Diese neue Aufgabe besteht in der Befugniß des Bundesraths, all- 
gemeine Instruktionen und Verfügungen zu erlassen in allen Fällen, 
in denen nicht durch Bundesgesetz ein Anderes bestimmt ist, wie wir dies ab 
und zu gethan, indem wir den Bundeskanzler oder auch das Bundespräsidium mit 
der Ausführung eines Gesetzes beauftragt haben. Die Bundesgesetzgebung wird 
nach wie vor dies thun können. Ferner hat das Verordnungsrecht nicht 
Specialverordnungen im Sinne, sondern allgemeine Instruktionen, 
welche nach der Anweisung des Gesetzes zu erlassen find. Ich halte ein Kollegium, 
— — 
1 S. hierüber Arndt, Verordnungsrecht, kommt auch Seydel, S. 141, so ziemlich zu 
S. 35 ff., Komm., S. 116 ff., und in Hirih' demselben Endergebniß, insofern er Hänel, 
Annalen 1895, S. 181 ff. Staatsrecht, 1, S. 271, in dem Satze bei- 
! S. auch Seydel, Comm., S. 142. stimmt, daß, Mangels anderer Bestimmungen, 
* Der Polemik von Seydel, Comm.,wenn ein Gesetz die Ermächtigung #m Erlasse 
S. 139sf, gegenüber ist nur noch zu bemerken,Heiner Rechtsverordnung ertheilt, der Bundesrath 
doß „Verwaltungsvorschrist nicht bloß im hierfür zuständt sei. Der Bundesrath habe 
burraukratischen Sinne“, sondern im allgemeinen innerhalb des Umkreises der Reichsangelegen- 
Sprachgebrauch der Grafe Verfassungen und heiten die Vermuthung der Zusftändigkeit für 
der Parlamente den Gegensatz zum formellen Gesetz scht was ihm nicht ausdrücklich entzogen sei, 
und nicht zum Rechtssatz bezeichnet. Uebrigens stehe ihm zu. 
 
	        
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