Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

Fünftes Buch. 
Die Verwaltung des Innern. 
  
8 28. Begriff und Arten der Verwaltung. 
Verwalten heißt fremde Geschäfte führen. Der Geschäftsführer mit und ohne 
Auftrag, der Vormund und der Vormundschaftsrichter, der Concursverwalter und 
der Concursrichter, der Sequester und der Subhastationsrichter verwalten. Das Ober- 
daudt des Staates, die Minister, alle Behörden und Beamten verwalten in diesem 
inne. 
Das Verwaltungsrecht hat es mit einem viel engeren Gegenstande zu thun 
als mit dem Rechte der Verwaltung in diesem weitesten Sinne des Wortes. Das 
Verwaltungsrecht umfaßt nur die Rechtsregeln, welche für die „Verwaltung“ im 
gemeinüblichen Sinne dieses Wortes gegeben und überwiegend von der „Ver- 
waltung" anzuwenden fsind. Nicht gehört in das „Verwaltungsrecht“, was die 
Gerichte anzuwenden haben: das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Civil- und 
die Strafproceßordnung, die Concursordnung und das Subhastationsrecht. Auch 
rechnet man nicht zu dem Verwaltungsrecht, was in erster Reihe die gesetzgebenden 
Körperschaften anlangt, nämlich die Regeln über die Bildung und Befugnisse der 
gesetzgebenden Factoren und Aehnliches. Unter Verwaltungsrecht pflegt man den- 
jenigen Theil des öffentlichen Rechts zu begreifen, der einerseits nicht Verfassungs- 
recht ist und der andererseits nicht die Ausübung der richterlichen Gewalt betrifft. 
Verwaltungsrecht ist der Inbegriff der Normen, die zumeist und zunächst die Ver- 
waltungsbehörden im Unterschied von den Gesetzgebungskörperschaften und von den 
Justizbehörden angehen. 
Die „Verwaltung“ ebenso wie die „Justiz“ stehen unter der „Ver- 
fassung“. Die „Verfassungsvorschriften“ müssen von der Verwaltung genau so 
beobachtet werden, wie von der Justiz. Was in der Verfassung über Androhung 
und Verhängung von Strafen, Schutz der Person und des Eigenthums, das Vereins-, 
Preß= und Versammlungsrecht, das Budgetrecht u. s. w. vorgeschrieben wird, gilt 
unbedingt und uneingeschränkt auch für die Verwaltung. Ebenso gelten die Gesetze 
genau so für die „Verwaltung“" wie für die „Justiz“. Der Inhalt der Gewerbe- 
ordnung, der Arbeiterversicherungsgesetze, der Gesetze über Heimaths-, Niederlassungs- 
und Armenwesen, über Post und Telegraphie, über Eisenbahnen, Bank= und Münz- 
wesen binden „die Verwaltung unbedingt und uneingeschränkt". Es ist auch nicht 
zutreffend, daß die Verwaltungsbehörden im Allgemeinen einen viel weiteren und 
freieren Spielraum für ihre Thätigkeit haben als die Justizbehörden. Die Gewerbe-, 
Steuer-, Zoll-, Versicherungs-, Bank-, Paß-, Vereins-, Preßgesetze engen das Er- 
messen der Verwaltungsbehörden wohl nicht weniger ein als z. B. das Concurs- 
und Vormundschaftsrecht die Gerichte. Auch die freie Beweiswürdigung besteht bei 
den Verwaltungsbehörden kanm in höherem Grade als bei den Justizbehörden.
	        
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