Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

6 30. Vom Gewerbewesen u. s. w. 225 
dargeboten werden. Als Wandergewerbe gelten auch die sog. Wanderlagert, die 
noch einer besonderen Steuer in Preußen (Gesetz vom 27. Februar 1880, G.-S. 1880, 
S. 174) unterworfen find (§ 55). Der Betrieb des Wandergewerbes ist regelmäßig an 
Sonn= und Festtagen verboten (§ 55 a). Vom Wandergewerbe (vom Ankaufe wie vom 
Feilbieten) find ausgeschlossen geistige Getränke, soweit nicht vorübergehend eine 
Ausnahme ortspolizeilich gestattet ist, gebrauchte Kleider, Wäsche, Betten, Haare u. s. w., 
Gold= und Silberwaaren u. f. w., Taschenuhren, Spielkarten, Werthpapiere, Loose 
und Antheilscheine auf solche Papiere und Loose, explofive Stoffe, mineralische Oele 
und Spiritus, Waffen, Gifte, Arznei= und Geheimmittel, Bäume aller Art, Schmuck- 
sachen, Brillen und optische Instrumente. Druckschriften können mit besonderer 
Genehmigung, die unter Umständen nicht versagt werden darf, im Umherziehen 
seilgehalten werden (§ 56 a). Ferner find vom Gewerbe im Umherziehen aus- 
geschlossen die Ausübung der Heilkunde durch nicht approbirte Aerzte, das Auf- 
suchen sowie die Vermittelung von Darlehnsgeschäften und von Rückkaufsgeschäften, 
ferner das Aufsuchen von Bestellungen auf Werthpapiere und Lotterieloose, das 
Aufsuchen von Bestellungen auf Branntwein und Spirituosen bei Personen, in 
deren Gewerbebetrieb diese keine Verwendung finden, und die sog. Abzahlungs- 
geschäfte: (§ 56 a). Sodann ist regelmäßig verboten, umherziehend Waaren zu 
versteigern oder ausspielen oder ausloosen zu lassen (§ 562). 
Vom Wandergewerbe find, außer wenn der Bundesrath Ausnahmen zuläßt, 
ausgeschlossen Ausländers (§ 56d). Der Wandergewerbeschein muß für Mufik- 
aufführungen u. dergl., wenn bereits eine entsprechende Anzahl ertheilt ist, ferner 
muß er bestimmten Personen: abschreckend oder ansteckend Kranken, unter Polizei- 
aufsicht Stehenden u. a. mehr versagt werden (§ 57). Personen, die noch nicht 25 
Jahre alt, blind, taub, stumm oder geistesschwach find, ist der Wandergewerbeschein 
in der Regel zu versagen (§ 57a). Er darf außerdem den in § 57 b bezeichneten 
Personen versagt werden. 
Nicht unter das Wandergewerbe fällt es (ein Wandergewerbeschein ist nicht 
nöthig), wenn selbstgewonnene oder rohe Erzeugnisse der Land= oder Forstwirth- 
schaft, des Garten= und Obstbaues, der Geflügel= und Bienenzucht, sowie selbst- 
gewonnene Erzeugnisse der Jagd und Fischerei oder wenn Gegenstände des Wochen- 
marktverkehrs und Aehnliches feilgehalten werden, nach näherer Vorschrift des § 59. 
Ausdehnung der Regeln über den Wandergewerbebetrieb 
auf Fälle des stehenden Gewerbes. 
Als Wandergewerbe gilt auch der Betrieb am Orte, wenn der Gewerbetreibende 
im Inlande ein zu dauerndem Gebrauche eingerichtetes, beständig oder doch in 
regelmäßiger Wiederkehr von ihm benutztes Geschäftslocal nicht befitzt (§ 42). Ferner 
dürfen Gegenstände, welche von dem Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen aus- 
geschlossen find, auch innerhalb des Gemeindebezirks, des Wohnortes oder der 
gewerblichen Niederlassung von Haus zu Haus oder an öffentlichen Orten nicht 
seilgeboten oder zum Wiederverkauf angekauft werden, mit Ausnahme von Bier 
und Wein in Fäfsern und Flaschen (vorbehaltlich der in § 33 vorgeschriebenen 
Concession) (§ 42a). Zum böffentlichen Feilhalten von Druckschriften und Bild- 
werken an öffentlichen Orten ist, auch wenn dies am Wohnorte oder am Orte der 
gewerblichen Niederlassung erfolgt, die Erlaubniß der Ortspolizeibehörde und ein 
dies verlautbarender Legitimationsschein erforderlich (§ 48). 
Die sogen. Muster= und Probereisenden (die also weder die feilgehaltenen, 
noch die aufgekauften Waaren in natura mit sich führen) bedürfen einer Legi- 
timationskarte (88 44, 44 a). Selbst in diesen Fällen darf das Ausfsuchen 
von Bestellungen auf Waaren (mit Ausnahme von Druckschriften) regelmäßig nur 
  
  
leber den Begriff s. Entsch. d. Reichsger.) S. Bekanntmachung vom 27. November 1896 
in Straff., Bd. X IX, S. 1. (R.-G.-Bl. 1896, S. 745) zu den §§ 44, Abs. 21.3, 
Gesetz, betr. die Abza lungsgeschäfte vom 564 und 60 der Gewerbeordnung. 
16. Mai 1894 (R.-G.-Bl. 1894, S. 450). „ 
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Neichek. 15
	        
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