Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 31. Bon der Arbeiterversicherung. 248 
schaften, zu welchen die Betriebsunternehmer eines Industriezweiges oder mehrerer 
verwandtschaftlicher Industriezweige für räumlich abgegrenzte Bezirke oder für den 
ganzen Umfang des Deutschen Reiches zusammengeschlossen sind. Geschaffen, auf- 
gehoben und verändert werden sie, abgesehen von den land= und forstwirthschaft- 
lichen, durch den Bundesrath. Ihre Mitglieder find nur die Unternehmer, 
während die Mitglieder der Krankenkassen nur und in allen Fällen die Ver- 
sicherten find. Doch find auch bei der Unfallversicherung die Versicherten an der 
Verwaltung mit betheiligt. Die Mitgliedschaft der Berufsgenossenschaft tritt ipso 
jure, kraft des Gesetzes, ein, auch wenn das Unternehmen weder angemeldet, noch 
in das Genossenschaftskataster eingetragen ist. Sie kann durch Statut nur in den 
gesetzlich zugelassenen Fällen auf nichtversicherungspflichtige Betriebe ausgedehnt 
werden. Die versicherungspflichtigen Betriebe find in das Genossenschaftskataster 
einzutragen. Für die land= und forstwirthschaftlichen Betriebe bestehen Ab- 
weichungen; ihre Verwaltung kann den Provinzial= und Kreisbehörden übertragen 
werden. Wenn eine Berufsgenossenschaft wegen eingetretener Leistungsunfähigkeit 
vom Bundesrath aufgelöst wird, so gehen, wenn ihr Bezirk über einen Bundesstaat 
hinausgeht, alle der Genossenschaft zustehenden Rechte und Pflichten auf das Reich 
über (Reichsgarantie). Die Betriebe einer aufgelösten Genossenschaft werden 
vom Bundesrath anderen Genossenschaften zugetheilt. Die Genossenschaften find 
meistens in Sectionen eingetheilt, die in der Hauptsache der Decentralisation dienen 
und nur Organe und Verwaltungsbezirke der Genossenschaft, nicht selbstständige 
Rechtspersönlichkeiten sind !. Die Genossenschaft wird durch den Genossenschafts- 
und innerhalb gewisser Grenzen durch den Sectionsvorstand vertreten. Die Mit- 
betheiligung der Versicherten an der Verwaltung besteht darin, daß sie Beisitzer 
zu den Schiedsgerichten und zum Reichs-Versicherungsamt und zur Begutachtung 
wie zum Erlasse von Unfallverhütungsverordnungen, bezw. Unfallverhütungs- 
vorschriften wählen. Die Wahl der Arbeitervertreter erfolgt in der Regel durch 
die Vorstände der Orts-, Betriebs-, Knappschafts= und Innungskrankenkassen (mit 
Ausschluß der Arbeitgeber wie der freien und Hülfskassen, §§ 4, 42) . 
Wählbar sind nur männliche, großjährige, versicherungspflichtige Kassen- 
mitglieder, welche in Betrieben der Genossenschaft, bezw. Section beschäftigt find, 
sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden und nicht durch richterliche, 
Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt find. 
Von jedem in einem versicherungspflichtigen Betriebe vorkommenden Unfall. 
durch welchen eine in ihm beschäftigte Person getödtet wird oder eine Körper- 
verletzung erleidet, welche eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder 
den Tod zur Folge hat, ist von dem Betriebsunternehmer (oder dem Betriebsleiter) 
bei der Polizei= (bezw. Aufsichts-),Behörde schriftlich Anzeige zu erstatten. Diese 
muß binnen zwei Tagen nach dem Tage erfolgen, an welchem der Betriebsunter- 
nehmer (bezw. Betriebsleiter) Kenntniß von dem Unfalle erlangt hat. Jeder 
angezeigte Unfall, durch welchen eine versicherte Person getödtet ist oder eine 
Körperverletzung erlitten hat, die voraussichtlich den Tod oder eine Erwerbs- 
unfähigkeit von mehr als dreizehn Wochen zur Folge haben wird, ist (von Amts- 
wegen) durch die Polizeibehörde sobald wie möglich einer Untersuchung zu unter- 
ziehen, durch welche die Veranlassung und Art des Unfalls, die getödteten oder 
verletzten Personen, die Art der vorgekommenen Verletzungen, der Verbleib der ver- 
letzten Personen und die entschädigungsberechtigten Hinterbliebenen festzustellen sind. 
Abschrift der Untersuchungsverhandlung erhält der Genossenschafts= (wenn Sectionen 
bestehen, der Sections-)Vorstand. Dieser erläßt dann (ohne einen Antrag ab- 
zuwarten) einen Bescheid über die Feststellung der Höhe der Entschädigung (§ 51). 
Entschädigungsberechtigte, für welche die Entschädigung nicht von Amtswegen fest- 
gestellt ist, haben ihren Entschädigungsanspruch bei Vermeidung des Ausschlusses 
  
  
1 Den Sectionen kann die Hälfte, bei de 2 Bei der landwirthschaftlichen und der Hoch- 
Knappschaftsberufsgenossenschaft das Ganze der seeschifffahrtsgenossenschaft finden andere Vor- 
" leistenden Entschädigungen durch Genossen= schriften statt, L. U.-V.-G. 88 49, 51, 59, 95, 
chaftsstatut übertragen werden. S.-U.-V.-G. §§ 48. S1, 52, 97. 
16“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.