Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

248 Fünftes Buch. Die Berwaltung des Innern. 
werden Personen, welchen vom Reiche, Staate, Kommunalverband, Versicherungs- 
anstalt, oder als Lehrer pp., an öffentlichen Schulen pp., Pensionen pp. im Mindest- 
betrage die Invalidenrente nach den Sätzen der I. Lohnklasse bewilligt find oder 
eine Unfallrente (S. 241) von mindestens demselben Betrage zusteht, oder welche 
70 Jahre alt find, oder nur 50 Tage oder 12 Wochen im Jahre Lohnarbeit ver- 
richten (§ 6). Versicherungsberechtigt oder fortversicherungsberechtigt sind nur 
die in § 14 Aufgeführten, namentlich Betriebsbeamte mit Jahresverdienst zwischen 
2—3000 Mk., Hausgewerbtreibende und Unternehmer mit höchstens zwei Arbeitern, 
Diejenigen, welche aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeschieden, also 
namentlich Die, welche zur Zeit arbeitslos sind, und Die, rücksichtlich deren der 
Bundesrath die Versicherung beschließen kann, aber noch nicht beschlossen hat. 
Gegenstand der Versicherung ist der Anspruch auf Gewährung einer Rente für 
den Fall der Erwerbsunfähigkeit oder des Alters (§ 15). Invalidenrente erhält 
ohne Rücksicht auf das Lebensalter derjenige Versicherte, welcher dauernd erwerbs- 
unfähig ist. Ein Anspruch auf Invalidenrente steht nur denjenigen Versicherten 
nicht zu, welche erweislich die Erwerbsunfähigkeit sich vorsätzlich oder bei Be- 
gehung eines durch strafgerichtliches Urtheil festgestellten Verbrechens oder vorsätz- 
lichen Vergehens zugezogen haben. In letzterem Falle kann die Rente ganz oder 
theilweise versagt werden (§ 17). Eine durch einen Unfall herbeigeführte Erwerbs- 
unfähigkeit begründet den Anspruch auf Invalidenrente nur insoweit, als nicht nach 
den Unfallversicherungsgesetzen eine Rente zu leisten ist. Erwerbsunfähigkeit ist 
anzunehmen, wenn der Versicherte dauernd nicht mehr im Stande ist, durch eine 
seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechende Thätigkeit, die ihm unter billiger Berück- 
sichtigung seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufes zugemuthet werden kann, 
ein Drittel Desjenigen zu erwerben, was körperlich und geistig gesunde Personen derselben 
Art und ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu verdienen pflegen. 
Invalidenrente erhält auch derjenige nicht dauernd erwerbsunfähige Versicherte, welcher 
während 26 Wochen ununterbrochen erwerbsunfähig ist, für die weitere Dauer 
seiner Erwerbsunfähigkeit (§ 16). Altersrente erhält, ohne daß es des Nach- 
weises der Erwerbsunfähigkeit bedarf, derjenige Versicherte, welcher das siebzigste 
Lebensjahr vollendet hat. Der Anspruch auf die Invaliden= oder Altersrente setzt 
außer dem Nachweise der Erwerbsunfähigkeit bei der Invalidenrente und des 
gesetzlich vorgeschriebenen Alters bei der Altersrente die Zurücklegung der vor- 
geschriebenen Wartezeit und (regelmäßig) die Leistung von Beiträgen voraus. 
Die Wartezeit beträgt bei der Invalidenrente 200 Beitragswochen, wenn mindestens 
100 Beiträge auf Grund der Versicherungspflicht geleistet find, sonst 500 Beitrags- 
wochen, bei der Altersrente 1200 Beitragswochen (§ 29). Solchen Personen, 
die, nachdem sie nicht lediglich vorübergehend in eine versicherungspflichtige 
Beschäftigung eingetreten waren, wegen unverschuldeter , mit Erwerbsunfähigkeit 
verbundener Krankheit für mehr als eine Woche an der Fortsetzung der 
Beschäftigung verhindert oder behufs Erfüllung der Wehrpflicht in Friedens-, 
Mobilmachungs= und Kriegszeiten zum Heere oder zur Marine eingezogen gewesen 
find oder in Mobilmachungs= oder Kriegszeiten freiwillig militärische Dienstleistungen 
rerrichtet haben, werden diese Zeiten (einzelne Krankheiten nur auf die Dauer 
eines Jahres) als Beitragszeiten in Anrechnung gebracht (§ 30). Für Versicherte, 
welche, als die Versicherungspflicht für ihren Berufszweig in Kraft trat, das 
vierzigste Lebensjahr vollendet hatten und nachweisen, daß sie während der drei 
vorausgegangenen Kalenderjahre berufsmäßig, wenn auch nicht ununterbrochen eine 
Beschäftigung gehabt haben, für welche die Versicherungspflicht bestand oder inzwischen 
eingeführt ist, vermindert sich die Wartezeit für die Altersrente für jedes volle Jahr, 
um welches ihr Alter die Zahl 40 überschritten hat, um 40 Wochen. Militärische 
Dienstleistungen, Krankheiten und Unterbrechung eines festen Arbeitsverhältnisses 
(auf nicht länger als vier Monate in je einem Jahre) find hierauf mit anzurechnen 
(§ 190, 191)2. Zu jeder Rente hat das Reich einen fesken Zuschuß von jährlich 
1 D. h. wenn der Betheiligte die Krankheit Raufhändeln oder Schlägereien, oder durch 
fch nicht vorsätzlich oder bei Begehung eines Trunkfälligkeit zugezogen hat (§ 30, Abs. 4). 
urch strasgerichtliches Urtheil festgestellten Ver- 2 Für Invalidenrenten kommt die Ueber- 
brechens, durch schuldhafte Vetheiligung beis gangsbestimmung in § 189 zur Anwendung. 
 
	        
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