Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

z 32. Bom Maaß-, Gewichts-, Münz= und Bankwesen. 255 
ausgefertigt und verabfolgt. Dieser giebt den Brutto= und Nettoraumgehalt in 
Kubikmetern und zugleich in englischen Registertons an; außerdem enthält er die 
zur Feststellung der Identität des Schiffes dienenden Thatsachen. Der Meßbrief 
darf für die bedeutenderen, nämlich in das Schiffsregister eingetragenen und die 
Schiffe, welche unter fremder Flagge fahren oder fahren sollen, erst ausgefertigt 
werden, nachdem seine Richtigkeit durch das Reichs-Schiffsvermessungsamt nach- 
geprüft ist. 
Für die Vermessung und Ausfertigung des Meßbriefes werden von den Ver- 
messungsbehörden, also den Einzelstaaten, Gebühren erhoben — 5 oder 2⅛ Pfg. 
für jedes angefangene Kubikmeter des Rauminhaltes. Diese Gebühren steigen auf's 
Doppelte, wenn die Erbauer, Rheder oder Führer des Schiffes den ihnen obliegen- 
den Verpflichtungen nicht nachkommen, und auf's Zehnfache, wenn unangemeldete 
räumliche Veränderungen im Bau des Schiffes vorgenommen worden find. 
Die rechtliche Bedeutung dieser Gebühren, welche nicht durch Gesetz, sondern 
durch Verordnung normirt find, ist zunächst die, daß der Meßbrief nur gegen deren 
Zahlung ausgefertigt wird. Gebühren sind ein specielles Entgelt für eine von 
einer öffentlichen Behörde übernommene Leistung, ihre Höhe wird auch ohne be- 
sondere gesetzliche Delegation regelmäßig durch die Behörden selbst bestimmt. Die 
Bestimmung der Gebühren durch Bundesrathsverordnung giebt daher den Behörden 
nicht erst das Recht, für eine von ihnen gemachte Leistung die entsprechende Gegen- 
leistung zu fordern, sondern beschränkt sie in der Befugniß, die ihnen sonst nach 
allgemeinem Rechte zustehen würde, nach eigenem Ermessen die Gebühren zu be- 
rechnen 1. Die Verdoppelung oder Verzehnfachung der Gebühr ist keine Strafe, 
denn dazu bedürfte es eines formellen Gesetzes, mag die Strafe als allgemein 
criminelle oder als Polizeistrafe aufgefaßt werden, sondern bedeutet, daß der 
Bundesrath befiehlt, daß die Vermessungsbehörden für ihre (erhöhte und er- 
schwerte) Thätigkeit das Doppelte oder Zehnfache berechnen und einziehen und 
eventuell die Ausfertigung des Meßbriefes verweigern. 
Der Bundesrath hat den Reichskanzler ermächtigt", die zur Ausführung der 
Vermessungsordnung erforderlichen Bestimmungen nach Anhörung der Bundesraths- 
ausschüsse für das Seewesen und für Handel und Verkehr zu erlassen (§ 87 der 
Schiffsvermessungsordnung). 
Mit fast allen Seefahrt treibenden Staaten sind Vereinbarungen über die 
gegenseitige Anerkennung der amtlich ausgestellten Schiffsvermessungsurkunden ab- 
geschlossen worden. 
II. Münzwesen. 
Das Münzwesen betrifft zunächst die Frage, was in Zahlung genommen 
werden muß, d. h. was Zwangscours hat, also mit dem, was im engeren oder, 
richtiger, engsten juristischen Sinne Geld ist. Im Sinne des bürgerlichen Gesetz- 
buches, wenigstens im Sinne des § 607, find als Geld auch Sachen anzusehen, 
die nicht in diesem Sinne Geld find, z. B. Reichskassenscheine, Reichsbanknoten 
oder Markstücke. Die Darleihung in der Form von Reichskassenscheinen und Reichs- 
banknoten wird als ein Darlehen in Geld anzusehen sein. Die Frage, was Zwangs- 
cours hat, ist in normalen Zeitläuften minder erheblich oder vielmehr ganz uner- 
heblich, da in diesen Jedermann z. B. Reichskassenscheine, Reichsbanknoten, Reichs- 
Silber-, Nickel= und Kupfermünzen in jeder Höhe als baares Geld in Zahlung 
nehmen wird. In anormalen wird man muthmaßlich aber besondere Regeln geben, 
d. h. Zwangscours auch für Kassenscheine, Banknoten, Silber= und Scheidemünzen 
einführen. Alsdann richtet sich der Betrag, zu dem Geld in Zahlung genommen 
wird, einerseits nach seinem Werth als Waare und andererseits nach dem Credite 
des Reiches. Gold wird muthmaßlich Agio, alle anderen Zahlungsmittel Disagio 
1 Siehe Arndt, Verordnungsr., S. 140 f. 2 Ansicht von Laband, II, S. 185. 
2 Ansicht von Hänel, Organisatorische Ent- gt Fall einer Subdelegation des Verordnungs- 
D— “5 
wickelung, S. 81. re
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.