§ 32. Vom Maaß-, Gewichts-, Münz= und Bankwesen. 259
stellt, darf 7 Mark für das Pfund feinen Goldes nicht übersteigen (Art. 12 des Münz-
gesetzes vom 9. Juli 1873). Die Differenz zwischen dieser Gebühr! und der Ver-
gütung, welche die Münzstätte für die Ausprägung in Anspruch nimmt, fließt in
die Reichskasse. Das Verhältniß zwischen den Privatpersonen und den Münzstätten,
d. h. den Bundesstaaten, ist rein öffentlich-rechtlicher Natur. Das Handelsgesetz
kommt selbst subsidiär nicht zur Anwendung, da die Bundesstaaten die Münz-
prägung nicht erwerbsmäßig betreiben, sondern nur im Auftrage des Reiches und
im öffentlichen Interesse 2.
Ein noch einfacheres Mittel, sich für Gold Geld zu verschaffen, giebt § 14 des
Bankgesetzes vom 14. März 1875. Darnach kann Jeder fordern, daß die Reichs-
bank an ihrem Hauptsitz ihm Gold zum festen Satze von 1392 Mark für das
Pfund fein gegen ihre Noten umtauscht. Diese Noten kann er sich dann sofort
gegen Goldgeld bei der Reichsbank umtauschen (Bankges. § 18, unten S. 266).
Die Ausprägung der Silber-, Nickel= und Kupfermünzen er-
folgt nur auf Rechnung des Reiches (Art. 3 u. 7 des Münzgesetzes vom
9. Juli 1873). Die Ausprägung und Ausgabe dieser Münzen unterliegt der Be-
aufsichtigung von Seiten des Reiches. Der Reichskanzler unter Zustimmung des
Bundesraths bestimmt die auszuprägenden Summen und vertheilt diese auf die
einzelnen Münzgattungen und auf die einzelnen Münzstätten und bestimmt die zu
gewährende Vergütungs.
Reichsgoldmünzen, deren Gewicht um mehr als fünf Tausendtheile hinter dem
Normalgewicht zurückbleibt, die also nicht mehr das Passirgewicht haben, und
welche nicht durch gewaltsame oder gesetzwidrige Beschädigung am Gewichte ver-
ringert find, sollen bei allen Zahlungen als vollwichtig gelten. Reichsgoldmünzen,
welche das vorgedachte Passirgewicht nicht erreichen und an Zahlungsstatt von den
Reichs-, Staats--, Provinzial- und Communalkassen, sowie von Geld= und Credit-
anstalten und Banken angenommen worden find, dürfen nicht wieder von diesen
Stellen ausgegeben werden. Die Reichsgoldmünzen werden, wenn sie in Folge
längerer Circulation und Abnutzung an Gewicht so viel eingebüßt haben, daß fie
das Passirgewicht nicht mehr erreichen", für Rechnung des Reiches zum Einschmelzen
eingezogen (§ 9 des Gesetzes vom 4. Dezember 1871, Bundesrathsbeschluß vom
24. März 1876, Centralbl. f. d. Deutsche Reich 1876, S. 260). Dergleichen ab-
genutzte Goldmünzen müssen bei allen Kassen des Reiches und der Bundesstaaten
stets voll zum Nominalbetrage angenommen werden (§ 9 des Gesetzes vom 4. Dezember
1871, Art. 3 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873, woselbst das Passirgewicht und
das Normalgewicht bei den halben Goldkronen auf 8, statt 5 Tausendstel normirt
ist). Münzen, welche nicht mehr das Pasfirgewicht haben, brauchen sonst (also
namentlich von Privaten) nicht in Zahlung genommen zu werden; sie haben somit
den Charakter als Münzen, bezw. Geld verloren.
Geld in dem Sinne, daß es von Jedermann in Zahlung genommen werden
muß, find nicht Kassenscheine des Reiches oder eines Bundesstaates oder irgend welche
11 Diese Gebühr ist auf 3 Mark für je ein
Pfund feines Gold festgesett. Bekanntmachun
des Reichskanzlers vom g. Juni 1875, Centralbl.
f. d. Deutsche Reich 1875, S. 348 ff.
2 Ebenso G. Meyer, Verwaltungsrecht, 1,
16% anderer Ansicht Laband, II, § 76,
* Nach dem Bundesrathsbeschlusse vom
29. Mai 1875 beträgt die Vergütung für die
ünfmarkstücke in Silber ¾ Procent, für die
weimarkstücke 1½ Procent, für die Einmark-
tücke 1¾., die Fünfzigpfennigstücke 2½, die
Zwanzigpfennigstücke aus Silber 4 Procent,
tce die gehnpfennigstücke aus Nickel 3, die
ünfpfennigstücke aus Nickel 6, die Zweipfennig-
tücke 8 und für die Einpfennigstücke 15 Procent
es ousgeprägten Normalwerthes.
4 Ist das Passirgewicht aus anderen Grün-
den, B. absichtlicher Beschädigung oder durch
Brand, verlorengegangen, so besteht auch für
das Reich nicht mehr die Einlösungspflicht
(Art. 10 des Münzgesetzes). Nicht zu verwechseln
mit dem Paffirgewicht ist die Toleranz. Diese
beträgt meist bei Goldmünzen halb so viel wie
der Mangel des Passirgewichtes und bedeutet,
daß Münzen von den Prägestätten ausgegeben
werden dürfen, wenn sie keinen größeren argel
haben (Münzgeset Art. 3, § 1, Abs. 3). ei
Silber= und Scheidemünzen giebt es kein gesetz-
lich vorgeschriebenes Passirgewicht, doch sollen
sie bei erheblicher Einbuße im Gewicht oder
Aussehen auf Rechnung des Reiches eingezogen
Art. 10, Abs. 2, Bundesraths-
werden (Münzeß Ma. 10. 0
beschluß vom
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