Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

6§s 32. Bom Maaß-, Gewichts-, Münz= und Bankwesen. 263 
sondern gegen Zinsen, bezw. unter Abzug des Interusuriums erfolgt, so regelt die 
Zinsenberechnung der Reichsbank zugleich den Zinssatz im großen Verkehre. Diese 
Regelung des Zinssatzes ist rechtlich und volkswirthschaftlich eine fernere und viel- 
leicht die wichtigere Aufgabe der Notenbanken und in erster Linie derjenigen Bank, 
welcher das Recht der unbeschränkten Notenausgabe und daher die Möghlichkeit 
eines unbeschränkten Disconto= und Lombardgeschäftes verliehen ist. 
Das Bankwesen ist im Deutschen Reiche geregelt durch das Bankgesetz vom 
14. März 1875 (R.-G.-Bl. 1875, S. 177), dessen § 24 durch Gesetz vom 
18. Dezember 1889 (R.-G.-Bl. 1889, S. 201) geändert ist. Eine größere 
Aenderung brachte das Gesetz vom 7. Juni 1899 (R.-G.-Bl. 1899, S. 8311), dessen 
Art. 1, 2, 5 und 6 aber erst am 1. Januar 1901 in Kraft treten. Das Bankgesetz 
zerfällt in zwei Theile: der eine giebt Bestimmungen für alle Notenbanken, der andere 
betrifft diejenige Bank, der das Recht, in unbeschränkter Höhe Noten auszugeben, 
verliehen ist. Der Hauptinhalt des Bankgesetzes ist folgender: Die Befugniß zur Aus- 
gabe von Banknoten kann seit Erlaß des Gesetzes nur durch Reichsgesetz erworben 
oder über den bei Erlaß des Gesetzes zulässigen Betrag der Notenausgabe hinaus 
erweitert werden (Bankges. § 1). Eine Verpflichtung zur Annahme von Bank- 
noten bei Zahlungen, welche gesetzlich in Geld zu leisten sind, findet nicht statt 
und kann auch für Staatskassen durch Landesgesetz nicht begründet werden (§ 2). 
Geld im engsten Sinne dieses Wortes find daher die Banknoten nicht. Die Reichs- 
und Staatsbehörden find (ebenso wie Private) berechtigt, Banknoten in Zahlung 
zu nehmen. Auch steht rechtlich nichts entgegen, daß die Reichs= und Landes- 
behörden die ihnen unterstellten Behörden anweisen, gewisse Banknoten jederzeit in 
Zahlung zu nehmen. Banknoten dürfen nur auf Beträge von 100, 200, 500 und 
1000 Mark oder einem Vielfachen von 1000 Mark ausgefertigt werden (§ 3). 
Jede Bank ist verpflichtet, ihre Noten sofort auf Präsentation nicht nur an ihrem 
Hauptsitze zum vollen Neunnwerthe einzulösen, sondern auch bei ihrem Hauptsitze 
und allen ihren Zweiganstalten jederzeit zum vollen Nennwerthe in Zahlung an- 
zunehmen. Für beschädigte Banknoten hat sie Ersatz zu leisten, sofern der Inhaber 
entweder einen Theil der Note präsentirt, welcher größer ist als die Hälfte, oder den 
Nachweis führt, daß der Rest der Note, von welcher er nur die Hälfte oder weniger 
präsentirt, vernichtet sei (§ 4, Abs. 3). Für vernichtete oder verlorene Noten Ersatz 
zu leisten, ist sie nicht verpflichtet (§ 4, Abs. 3). Der Aufruf und die Einziehung 
der Noten einer Bank oder einer Gattung von Banknoten darf nur auf Anordnung 
oder mit Genehmigung des Bundesrathes erfolgen (§§ 4—6). Den Banken, welche 
noch umlaufende Noten ausgegeben haben oder Noten ausgeben, ist nicht gestattet, 
1) Wechsel zu acceptiren (wohl aber zu discontiren); 2) Waaren oder courshabende 
Papiere für eigene oder für fremde Rechnung auf Zeit, d. h. zu einem zukünftigen 
Zeitpunkt (wohl aber fest und gegen sofortige Lieferung) zu kaufen oder zu ver- 
kaufen oder für die Erfüllung solcher auf Zeit abgeschlossenen Kaufs= oder Ver- 
kaufsgeschäfte Bürgschaft zu übernehmen (§ 7); Zuwiderhandlungen sind nach § 55 
strafbar. Banken, welche Noten ausgeben, müssen 1) den Stand ihrer Activa und 
Passiva am 7., 15., 23. und Letzten jeden Monats, spätestens am fünften Tage nach 
diesen Terminen, und 2) spätestens drei Monate nach dem Schluß jedes Geschäfts- 
jahres eine genaue Bilanz ihrer Activa und Passiva, sowie den Jahresschluß des 
Geschäfts= und Verlustcontos durch den Reichsanzeiger auf ihre Kosten veröffent- 
lichen (§ 8). Activa sind namentlich 1) der Metallbestand (coursfähiges deutsches 
Geld und Gold in Barren, wie Gold in ausländischen Münzen, das Pfund feinen 
Goldes zu 1392 Mark berechnet); 2) in ihrem Besitze befindliche Reichskassenscheine; 
8) Noten anderer Banken; 4) Wechsel Dritter; 5) Lombardforderungen; 6) Effecten 
(coursfähige Papiere außer Wechsel), auch Reichsschatzscheine; 7) sonstige Activa. 
Passipva sind 1) das Grundkapital; 2) der Reservefonds; 3) der Betrag der von 
ihnen ausgegebenen, noch nicht eingelösten (umlaufenden) Noten; 4) die sonstigen 
Verbindlichkeiten; 5) die sonstigen Passiva (8 8). 
Banken, deren Notenumlauf ihren Baarvorrath und den ihnen gesetzlich zu- 
gewiesenen Betrag übersteigt, haben von dem Ueberschusse eine Steuer von jährlich 
5 vom Hundert an die Reichskasse zu entrichten. Als Baarvorrath gelten die unter 
1, 2 und 3 aufgeführten Activa (§ 9, Abs. 1). 
 
	        
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