268 Fünftes Buch. Die Verwaltung deb Innern.
Die Reichsbank war und ist nur auf Zeit errichtet. Im Bankgesetze behielt
und behält sich das Reich das Recht vor, zuerst am 1. Januar 1889, alsdann
aber von zehn zu zehn Jahren nach vorausgegangener einjähriger Kündigung —
welche auf Kaiserliche Anordnung, im Einvernehmen mit dem Bundesrathe, vom
Reichskanzler an das Bankdirectorium zu erlassen und von letzterem zu veröffent-
lichen ist — entweder a) die auf Grund des Bankgesetzes errichtete Reichsbank
aufzuheben und deren Grundstücke gegen Erstattung des Buchwerthes zu erwerben,
oder b) die sämmtlichen Antheile der Reichsbank zum Nennwerthe zu übernehmen.
In beiden Fällen geht der bilanzmäßige Reseverfonds, soweit derselbe nicht zur
Deckung von Verlusten in Anspruch zu nehmen ist, zur einen Hälfte auf das
Reich, zur anderen Hälfte auf die Antheilseigner über (Bankgesetz § 41). Zur
lauch zur stillschweigenden) Verlängerung der Frist für das Fortbestehen der
Reichsbank ist die Zustimmung des Reichstages erforderlich, nicht also für die
Kündigung und Auflösung. Eine von beiden muß erfolgen, wenn der Reichstag
der Verlängerung nicht zustimmt. Zur Auflösung oder Kündigung bedarf es der
Zustimmung des Reichstages nicht. Im Falle der Auflösung der Reichsbank
erfolgt ihre Liquidation nach Maßgabe des Bankgesetzes und des auf dessen Grund
erlassenen Bankstatuts. Die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs kommen selbst
subsidiär nicht zur Anwendung.
Die Reichsbank ist indeß nicht die alleinige Notenbank. Es besteht vielmehr
im Reiche das „gemischte Banksystem“, d. h. es bestehen neben der Reichs-
bank andere Banken, Privatbanken. Rückfichtlich ihrer bestimmt das Bankgesetz,
daß, wenn fie ihre Betriebsmittel nur in den für die Reichsbank unter 1 bis 41
bezeichneten Geschäften, und zwar zu 4) höchstens bis zur Höhe der Hälfte des
Grundkapitals der Bank und der Reserven, anlegen, wenn sie den Zinssatz ihres
Discont= und Darlehnsgeschäfts öffentlich bekannt machen, wenn sie ferner einen
Reservefonds bis zum Viertel des Grundkapitals zurücklegen, ihre Banknoten nach
den für die Reichsbank geltenden Vorschriften decken, ihre Noten spätestens vor
Ablauf des auf den Tag der Präsentation folgenden Tages in Berlin oder Frank-
furt (nach Bestimmung des Bundesrathes) gegen coursfähiges deutsches Geld ein-
lösen, alle im ganzen Reiche umlaufenden Noten von Banken, die ihre Noten-
einlösungspflicht erfüllen, an ihrem Sitze und bei ihren Zweiganstalten in Städten
von mehr als 80 000 Einwohnern zu ihrem vollen Neunwerthe in Zahlung nehmen,
und fie ohne Entschädigung einwilligen, daß ihre Befugniß zur Ausgabe von Bank-
noten zu den für die Reichsbank bestimmten Terminen durch Beschluß der Landes-
regierung oder des Bundesraths mit einjähriger Kündigungsfrist aufgehoben werden
darf?, dann ihre Banknoten im ganzen Reiche umlaufen dürfen und daß der Bundes-
rath ihnen den Betrieb von Bankgeschäften und Zweiganstalten oder Agenturen außer-
halb ihres Landesgebietes gestatten kann 38. Jedoch wird (Art. 7, § 2 des Gesetzes vom
7. Juni 1899) der Bundesrath diesen Banken zum 1. Januar 1901 das Recht zur
Notenausgabe kündigen, wenn sie sich nicht bis zum 1. Dezember 1899 verpflichten,
vom 1. Januar 1901 ab nicht unter dem Satze der Reichsbank zu discontiren, sobald
dieser Satz 4 Procent erreicht oder überschreitet, im Uebrigen nicht zu discontiren um
mehr als 1/, noch um weniger als ½ Procent unter dem Satze der Reichsbank.
Die Reichsbank, die Bayerische Notenbank, die Frankfurter, die Sächsische
Bank, die Württembergische Notenbank, die Bank für Süddeutschland in Darm-
stadt dürfen ihre Noten im ganzen Reichsgebiete umlaufen lassen. Die Braun-
schweigische Bank, welche, außer den genannten, allein das Notenprivileg noch
besitzt, darf ihre Noten nur im Herzogthum Braunschweig umlaufen lassen.
Jede Abänderung der Bestimmungen des Grundgesetzes, Statuts oder Privi-
1 S. oben S. 264. tausch gegen andere Banknoten, Papiergeld oder
2 Dies hat der Reichskanzler, dem der Nach-
weis zu führen ist. im Reichsgesetzblatt bekannt
u machen (R.-G.-Bl. 1875, S. 390, 1876,
S. 2, 1885, S. 108) (§F 45 des Bankgesehen
Noten anderer Banken dürfen bei Strafe außer-
halb des Bundesgebietes, für das sie ein Privileg
erhalten, nicht zu Zahlungen (wohl aber zum Um-
Münzen) verwendet werden (§ 43
2* § 44, Abs. 2 des Bankgesetzes. Banken
mit Notenumlauf nicht über ihr am 1. Januar
1874 eingezahltes Kapital hinaus sind von der
Verpflichtung zur Bildung eines Reservefonds
entbunden (§ 44, Abs. 4 des Bankgesetzes).