Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 34. Postwesen. 301 
selben Ortschaft stattfindet. Nur scheinbare Ausnahmen vom Regal bilden folgende 
Fälle (in denen es sich nicht um öffentliche Verkehrsanstalten handelt 
und), bei denen weder zur Errichtung, noch zum Betriebe Genehmigung des Reiches 
erforderlich ist (§ 3): 1) Telegraphenanlagen, welche ausschließlich dem in neren 
Dienste von Landes= oder Kommunalbehörden, Deichcorporationen, Siel-= und Ent- 
wässerungsverbänden gewidmet sind; 2) Telegraphenanlagen, welche von Transport- 
anstalten auf ihren Linien ausschließlich zu Zwecken ihres Betriebes oder für die 
Vermittelung von Nachrichten innerhalb der bisherigen Grenzen benutzt werden; 
3) Telegraphenanlagen a) innerhalb der Grenzen eines Grundstücks, b) zwischen 
mehreren, einem Besitzer gehörigen oder zu einem Betriebe vereinigten Grundstücken, 
deren keines von dem anderen über 25 Kilometer in der Luftlinie entfernt ist, wenn 
diese Anlagen ausschließlich für den der Benutzung der Grundstücke entsprechenden 
unentgeltlichen Verkehr bestimmt find 7. 
„Die bisherigen Grenzen“, innerhalb deren die Transportanstalten Telegraphen- 
anlagen, und zwar ihre Betriebstelegraphen, als öffentliche Verkehrsanstalten, d. h. 
auch nicht bloß für eigene Zwecke, sondern für Jedermann benutzen dürfen, sind 
angegeben in dem vom Reichskanzler vollzogenen „Reglement über die Benutzung 
der innerhalb des Deutschen Reichs -Telegraphengebietes gelegenen Eisenbahn-Tele- 
graphen zur Beförderung folcher Telegramme, welche nicht den Eisenbahndienst be- 
treffen,"“" vom 8. März 1876 (Centralbl. f. d. Deutsche Reich 1876, S. 155)?. 
Danach dürfen die Eisenbahn-Telegraphen-Stationen Telegramme annehmen: wenn 
keine Reichs-Telegraphen-Anstalt in demselben Orte ist, von Jedermann; wenn eine 
Reichs-Telegraphen-Anstalt an demselben Orte ist, nur von solchen Personen, die 
mit den Zügen ankommen, abreisen oder durchreisen. Sofern Eisenbahn-Telegraphen 
als öffentliche Verkehrsanstalten thätig sein dürfen, sind sie der für Reichs-Tele- 
graphen geltenden Telegraphenordnung unterworfen. Die Telegramme müssen an 
die nächste Reichs-Telegraphen-Anstalt behufs der Weiterbeförderung überwiesen werden. 
Nur in zwei Fällen, nämlich, wenn das Telegramm von der Aufgabe= bis an die Adreß- 
station ohne Umtelegraphirung gegeben werden kann, oder wenn das Telegramm auf 
dem Wege von der Aufgabe= bis zur Adreßstation nicht mehr als eine Umtelegraphirung 
zu erleiden hat und am Orte der Adreßstation eine Reichs-Telegraphen-Anstalt nicht 
besteht, darf die Beförderung ausschließlich mittelst des Bahntelegraphen stattfinden. 
Das Telegraphenregal wird modificirt durch den (bisher noch nicht praktisch 
gewordenen) Licenzzwang. Die Ausübung des Rechts, Telegraphenanlagen zu 
errichten und zu betreiben, kann für einzelne Strecken oder Bezirke an Privat- 
unternehmer und muß an Gemeinden für den Verkehr innerhalb des Gemeinde- 
bezirks verliehen werden, wenn die nachsuchende Gemeinde die genügende Sicherheit 
für einen ordnungsmäßigen Betrieb bietet und das Reich eine solche Anlage weder 
errichtet hat, noch sich zur Errichtung und zum Betrieb einer solchen bereit erklärt. 
Die Verleihung erfolgt durch den Reichskanzler (in Bayern und Württemberg durch 
die Ministerien), bezw. die subdelegirten Behörden. 
Die für den öffentlichen Verkehr bestimmten Telegraphen stehen Jedermann zu 
gleichen Gebühren und Bedingungen zur Verfügung "#. Nicht aus Gründen des 
öffentlichen Interesses (als z. B. für Staatstelegramme) sind Vorrechte bei der 
Benutzung und Ausschließungen von der Benutzung zulässig (§ 8). Nicht als 
Bevorzugung und daher als zulässig gilt, daß gegen Zahlung besonderer Gebühren 
Telegramme als dringende vor den anderen befördert werden". Sind an einem 
— — 
1 Darüber, ob der Fall zu 3) vorliegt, ent- solche, sondern nur die Frage, ob sie eine öffent- 
scheidet im Zweifelfalle das Reich (Art. 7, Ziff. 3 liche Verkehrsanstalt ist. 
der Reichsverfassung) #§ 4 des Gesetzes ver- 
pflichtet die Landes-Centralbehörden, darüber zu 
wachen, daß Errichtung und Betrieb sich inner- 
halb dieser Grenzen halten. Sofern das der Fall. 
ist, handelt es sich überhaupt nicht um eine 
„Verkehrsanstalt“, und es findet eine Beauf- 
sichtigung oder eine Zuständigkeit des Reiches 
nicht statt, da jede Reichszuständigkeit fehlt 
(anderer Ansicht Laband, II, S. 66). Die 
Aufsicht des Reiches betrifft nicht die Anlage als 
  
2 Ueber dessen Gültigkeit siehe Arndt, Ver- 
ordnungsrecht, S. 121. 
2 Privattelegramme, deren Inhalt gegen die 
Gesetze verstößt oder aus Rücksichten des 
öffentlichen Wohles oder der Sittlichteit für 
unzulässig erachtet werden, werden zurück- 
gewiesen. Die Entscheidung steht der Verwaltung 
zu (Telegraphenordnung § 1, II). 
4 Weil Jedermann durch Zahlung der Gebühr 
sich das gleiche Recht verschaffen kann.
	        
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