846 Siebentes Buch. Finanzwesen.
wird, oder wenn Branntwein der Steuercontrole entzogen wird, oder wenn alkohol-
haltige Dämpfe, Lutter oder Branntwein unbefugter Weise abgeleitet oder ent-
nommen werden, ist das Dasein der Defraudation der Verbrauchsabgabe schon
durch eine dieser Thatsachen begründet (§§ 18 bis 20). Kann der Betrag der
vorenthaltenen Abgabe nicht festgestellt werden, so ist neben der Abgabe eine Geld-
strafe von fünftaufend bis zehntausend Mark verwirkt. Der Befitzer einer Brennerii,
in welcher eine unbefugte Ableitung oder Entnahme von alkoholhaltigen Dämpfen u. s. w.
oder eine absichtliche Störung des Meßapparates ermittelt wird, ist als solcher,
unabhängig von der Verfolgung der eigentlichen Thäter, mit Geldstrafe von 50
bis 500 Mark zu bestrafen. Werden in einer Brennerei aus besonderen Anlagen
bestehende heimliche Vorrichtungen zum Zwecke der Ableitung oder Entnahme von
alkoholhaltigen Dämpfen u. s. w. oder zur Störung des Meßapparates ermittelt,
so verfällt der Brennereibesitzer als solcher in eine Geldstrafe von 500 bis
5000 Mark. Wird in einer Brennerei ein amtlicher Verschluß oder einer derjenigen
Theile der Brennereigeräthe, aus welchem eine Ableitung oder Abnahme von
Dämpfen u. s. w. möglich ist, verletzt, so trifft den Brennereibesitzer als solchen eine
Geldstrafe von 25 bis 125 Mark. Doch soll in allen diesen Fällen die Strafe nur
eintreten, wenn festgestellt ist, daß die Zuwiderhandlung mit Willen oder Wissen des
Brennereibes#tzers verübt worden ist (§ 28).
Brennereibesitzer können nur mit widerruflicher Genehmigung der Steuerbehörde
die Verantwortlichkeit (unbeschadet ihrer subfidiarischen Vertretungsverbindlichkeit)
auf einen Brennereileiter abwälzen (§ 29). Brennereibesitzern, die wegen
Defraudation der Verbrauchsabgabe durch unbefugte Branntweinbereitung, Ableitung
oder Entnahme von alkoholhaltigen Dämpfen u. s. w. oder durch absichtliche
Störung des Meßapparates verurtheilt sind, ist zu untersagen, das Branntwein-
gewerbe — anders wie mit besonderer Genehmigung der Steuerbehörde — jemals
wieder auszuüben oder durch Andere zu ihrem Vortheile ausüben zu lassen (§8 30).
Gewerbe= und Handeltreibende, einschließlich der Brennereibesitzer, haften für die
von ihrem Personal und ihren Hausgenossen verwirkten Geldstrafen nach näherer
Vorschrift in § 32 des Gesetzes, bezw. § 66 des Gesetzes vom 8. Juli 1868
(B.-G.-Bl. 1868, S. 384).
Die Strafverfolgung der Defraudationen verjährt in drei, die der Ordnungs-
strafvorschriften in einem Jahre. Bezüglich des Verfahrens gelten die Vorschriften
über Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze (§ 36) 1.
Der Reinertrag der Verbrauchsabgabe ist den einzelnen Bundesstaaten nach
Maßgabe der matrikularmäßigen Bevölkerung, mit welcher sie zum Gebiete der
Branntweinsteuergemeinschaft gehören (d. h. also mit Weglassung der Bevölkerung
in den Zollausschlüssen) zu überweisen (§ 39). Für die durch die Erhebung und
Verwaltung der Abgabe den Bundesstaaten erwachsenden Kosten wird nach Maß-
gabe der vom Bundesrathe zu erlassenden Bestimmungen Vergütung gewährt (8§ 39,
Abs. 2); dagegen wird für die Erhebung und Verwaltung der Brennsteuer (§ 43a
des Gesetzes) vom 1. Oktober 1898 eine besondere Vergütung an die Einzelstaaten
nicht gewährt (Art. IV des Gesetzes vom 4. April 1898).
Maischbottichsteuer wird nur noch in den landwirthschaftlichen
Brennereien erhoben. Als landwirthschaftliche Brennereien gelten diejenigen, während
des ganzen Betriebjahres ausschließlich Getreide oder Kartoffeln verarbeitenden
Brennereien, bei deren Betrieb die gesammten Rückstände in einer oder mehreren,
den Eigenthümern oder Besitzern der Brennerei gehörenden oder von denselben be-
triebenen Wirthschaften verfüttert werden und der erzeugte Dünger vollständig auf
dem den Eigenthümern oder Besitzern der Brennerei gehörigen oder von denselben
bewirthschafteten Grund und Boden verwendet wird. Nach näherer Bestimmung
des Bundesraths kann der Brennereibetrieb als landwirthschaftlicher auch dann be-
handelt werden, wenn eine vorübergehende Veräußerung von Schlempe oder Dung
erfolgt, oder wenn neben Kartoffeln und Getreide im Zwischenbetriebe selbstgewonnene
nicht mehlige Stoffe verwendet werden (§ 41, 1).
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1 Siehe auch weiter unten.