Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

ß W. Die Zölle. 353 
bestimmte Rechte der beiden Städte fest, es ist somit der Fall des Art. 78, Abf. 2 
der Reichsverfafsung gegeben !, d. h. es liegen Sonder-(Reservat-MRechte vor. 
Daraus folgt nach der Vorschrift in Art. 78, daß fie „nur mit Zustimmung des 
berechtigten Bundesstaates abgeändert werden können“, oder, wie Art. 34 sagt, 
daß die Sonder-(Freihafen-) Stellung außerhalb der Zollgrenze bestehen bleibt, „bis 
sie (die Hansestädte) ihren Einschluß in dieselbe beantragen" 2. Wird ein solcher 
Antrag gestellt, so kann der Bundesrath diesen Einschluß ohne Zustimmung des 
Reichstages (ohne Gesetz) durch einfachen Beschluß vollziehen 5. Ein solcher 
Bundesrathsbeschluß stellt auch keine Aenderung des Art. 34 der Reichsverfassung 
dar, sondern eher die (ursprünglich hinausgeschobene) Erfüllung des Artikels 33. 
Hamburg beantragte und genehmigte im Vertrage mit dem Reichskanzler vom 
25. Mai 1881 unter gewissen Modalitäten den Anschluß seines Gebietes an das 
deutsche Zollgebiet. Nachdem dieser Vertrag die Genehmigung des Bundesrathes 
gefunden hatte, beantragte das durch seinen Senat vertretene Hamburg auf 
Grund des Art. 34 der Reichsverfassung, sein gesammtes Staatsgebiet, mit Aus- 
nahme eines Theils von Cuxhaven und eines näher bezeichneten Freihafengebietes 
in der Stadt Hamburg, in die gemeinschaftliche Zollgrenze einzuschließen, welchem 
Antrage der Bundesrath Folge gab". Der unbedingte Einschluß Hamburgs in 
das Zollgebiet wurde durch den Bundesrathsbeschluß vom 15. Oktober 1888 voll- 
zogen 5. Nur wegen des Zuschusses, welchen das Reich zu den Kosten des An- 
schlusses (namentlich zu der Errichtung zollfreier Entrepots) vertragsmäßig geben 
sollte, war die Zustimmung des Reichstages nothwendig, und erging das Gesetz, 
betreffend die Ausführung des Anschlusses der freien und Hanfsestadt Hamburg an 
das deutsche Zollgebiet, vom 16. Februar 1882 (R.-G.-Bl. 1882, S. 39). Art. 34 
gab ein Sonderrecht nur insoweit, daß die Hansestädte mit einem entsprechenden 
Theile ihres oder des umliegenden Gebietes nicht ohne ihren Antrag in das Zollgebiet 
eingeschlossen werden durften. Bezüglich der Abgrenzung des „zweckentsprechenden 
Bezirks“ war ein Sonderrecht nicht gegeben; folglich fiel dieselbe unter das gemeine 
Recht, also unter die Vorschrift in Art. 7, Ziff. 2, also innerhalb der Befugniß 
des Bundesraths. Dieser allerdings bestrittene Rechtszustand ist durch § 1 des Ge- 
setzes vom 16. Februar 1882 (R.-G.-Bl. 1882, S. 39) dahin geändert, daß das 
nunmehrige Freihafengebiet in seiner ganzen Ausdehnung und in seinen einzelnen 
Theilen nur auf Antrag Hamburgs in das Zollgebiet eingeschlossen werden darf. 
§ 1 lautet nämlich: „Auf das Freihafengebiet der Hansestadt Hamburg, welches 
durch den Antrag derselben auf Einschluß in die gemeinschaftliche Zollgrenze nicht 
berührt wird, findet Artikel 34 der Reichsverfassung fortdauernd Anwendung“ . 
In analoger Weise wurde das Gebiet der Hansestadt Bremen an die Zoll- 
grenze angeschlossen; ausgenommen find — und können nur auf Antrag Bremens 
angeschlossen werden — die Hafenanlagen in Bremerhaven, die daran grenzenden 
Petroleumlagerplätze und im Nordwesten der Stadt Bremen am rechten Weserufer 
ein gewisser zollsicher umgrenzter Bezirk. Wegen der Kosten erging das Gesetz, 
betreffend den Beitrag des Reichs zu den Kosten des Anschlusses der freien Hanse- 
z *n* an das deutsche Zollgebiet, vom 31. März 1885 (R.-G.-Bl. 1885, 
S. 79). 
  
S. 489 
2 Siehe auch Fürst Bismarck am 8. Mai 
1880 im Reichstage (Sten. Ber. 1880, S. 1270), 
Delbrück, Art. 40, S. 46, G. Meyer, Ver- 
waltungsrecht, II, § 281, u. A. m.; anderer 
Ansicht Hänel, Vertragsmäßige Elemente, 
S. 200 f. Die Frage hat jetzt kaum noch 
praktische Bedeutung. 
#Arndt, Verordnungsrecht, S. 98, Del- 
brück, 1. c. S. 46, Laband, II, S. 861; val. 
auch die Erbrterungen in den Preuß. Jahrbüchern, 
Annalen des Deutschen Reiches 1881, 
Arndt, Tas Staatsrecht des Deutschen Reiches. 
1 *P. oben S. 194 ff. 
  
k ff. 
5 Reichs-Centralbl. 1888, S. 913. 
* Siehe auch Seydel, Comm., S. 24. Daß 
nicht bloß ein Antrag, sondern eine Verfassungs- 
änderung zur weiteren Aufhebung des verblie- 
benen Freihafengebietes erforderlich sei, was 
Windthorst am 20. Januar 1882 (Sten. 
Ber. des Reichstages S. 790) aussprach, ist 
offenbar irrthünlich- siehe auch Laband, II, 
S. 682. Was § 1 des Gesetzes vorschreibt, kann 
nicht aus Art. 34, sondern aus dem Staats- 
vertrage gefolgert werden. 
23
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.