Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 38. Die Zölle. 863 
Zur Ermäßigung dieser Sätze, nicht zur Erhöhung, ist ein verfassungs- 
änderndes Gesetz nöthig, da und insofern eine weitere Competenzbeschränkung der 
Einzelstaaten vorliegt. Nur bei der Brausteuer, da sie in den süddeutschen Staaten 
vorbehalten ist, kann jede reichsgesetzliche Neuregelung in jedem süddeutschen Staate 
nur mit Zustimmung dieses Staates vor sich gehen (Art. 35. Abs. 2 und Art. 78, 
Abs. 2 der Reichsverfassung) 1. Erzeugnisse eines anderen Bundesstaates dürfen in 
keinem Bundesstaate unter keinem Vorwande höher oder in einer lästigeren Weise 
als inländische besteuert werden 2. 
Bundesstaaten, welche innere Steuer auf die Hervorbringung oder Zubereitung 
von Consumptionsgegenständen gelegt haben, können den gesetzlichen Betrag der- 
selben bei der Einfuhr des Gegenstandes aus anderen Bundesstaaten voll erheben 
lassen (sog. Uebergangsabgabe), Art. 5, II, § Za, also z. B. Norddeutschland 
von dem aus Süddeutschland eingeführten Bier, indeß nicht die höhere, in Süd- 
deutschland zu zahlende, sondern nur die kleinere norddeutsche Steuer. Die Höhe 
der Uebergangsabgabe setzt in den norddeutschen Staaten der Bundesrath fest. In 
Norddeutschland darf jedoch von dem in den süddeutschen Staaten erzeugten Wein 
und Traubenmost eine Uebergangsabgabe nicht erhoben werden (Art. 5, II, § 8e), 
welche Vergünstigung den süddeutschen Staaten nur mit ihrer Zustimmung entzogen 
werden kann . 
Der Erlaß von Strafbestimmungen zur Sicherung der Uebergangsabgabe liegt 
innerhalb der ausschließlichen Reichszuständigkeit, da diese Uebergangsabgaben die 
gleiche Natur wie die Abgabe selber haben, die Uebergangsabgabe also, welche in 
Norddeutschland auf süddeutsches Bier gelegt wird, mithin eine (norddeutsche) Bier- 
steuer ist, und somit ihre Regelung und ihre strafrechtliche Sicherung unter Art. 35 
der Reichsverfassung fallen". 
Ausfuhrprämien und Ausfuhrvergütungen aller Art dürfen preußischen Waaren 
von Preußen, bayerischen von Bayern u. s. w. nicht gegeben werden. Dagegen ist 
es gestattet (Art. 5, II, § 4 des Vertrages vom 8. Juli 1867), daß diejenigen 
Staaten, welche eine innere Steuer auf den Kauf oder Verkauf, die Verzehrung, 
die Hervorbringung oder die Zubereitung eines Consumptionsgegenstandes gelegt 
haben, bei der Ausfuhr dieses Gegenstandes nach anderen Bundesstaaten diese Steuer 
unerhoben lassen, bezw. den gesetzlichen Betrag derselben nach gewissen Grundsätzen 
ganz oder theilweise zurückerstatten. 
Dies gilt auch (§ 7, letzter Abs. das.) rücksichtlich der Abgaben, welche für 
Rechnung von Communen oder Corporationen erhoben find, soweit die gleiche Ver- 
gütung bei dem Uebergange der besteuerten Gegenstände nach anderen Orten des- 
selben Bundesstaates ebenfalls stattfindet. 
Nur durch verfassungsänderndes Gesetz kann die Befugniß zur Zurückerstattung 
ganz oder theilweise aufgehoben werden 5. Darüber, daß nicht zu viel zurückerstattet 
wird, hat gemäß Art. 7, Ziff. 3 der Reichsverfassung der Bundesrath in den 
Fällen zu entscheiden, wo ihm nicht schon — was bei der Uebergangsabgabe von 
der Brausteuer für Norddeutschland der Fall ist — die unmittelbare Bestimmung 
der Uebergangsabgabe gebührt. Die von den Einzelstaaten erhobenen Uebergangs- 
abgaben waren erstmalig verabredet?; Veränderungen find dem Bundesrathe an- 
zuzeigen 7. 
Die Erhebung der inneren Steuern soll in der Regel in dem Lande des 
Bestimmungsortes stattfinden 6. 
  
1 Siehe auch Seydel, Comm., S. 235, und Hänel, Staatsr., I, S. 680. 
Hänel, Staatsrecht, 1. S. 680, Anm. 24; fie 4 Ebenso Delbrück, S. 33 f., Bundesraths- 
fordern ein solches Gesetz auch zur Erhöhung, protokolle § 323 von 1879. 
jur Herabsetzung sogar die Zustimmung der 5 Ebenso Delbrück, S. 35. 
onderberechtigten (7) Staaten. 8 Protokolle von 1874, § 191, von 1877/78, 
Nähere Ausführungsvorschriften dieses §§ 205 und 208; Delbrück, S. 36 f. 
Satzes sind § 3 unter abs 4, II erlassen. 1 Anvt. 5, II, . 
Akt.J8,Abs.2derBetfassung,DelbrückJ«Art.5,1l,'6. 
AtLW,C-—72,Seydel,Comm.,S.236,-
	        
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