z 38. Die Zölle. 365
behandelt und in Freiregistern notirt. Dabei hatte man hauptsächlich
die auf internationalem Herkommen beruhende Zollfreiheit des diplomatischen Corp#s
im Auge 1. An sich ist Niemand, auch nicht die deutschen Souveräne, von Reichs-
steuern befreit. Die Zölle trägt der betreffende Bundesstaat; nur die für Waaren,
welche den beim Reiche selbst accreditirten Botschaftern und dergl. aus dem
Zollauslande zugehen, trägt das Reich #. Hiervon abgesehen, dürfen die Bundes-
staaten die Zölle nicht einmal den Zollpflichtigen zurückerstatten 5.
Das Begnadigungs= und Strafverwandlungsrecht bleibt jedem
Vereins-(Bundes-) Staate in seinem Gebiete vorbehalten. Auf Verlangen (des
Reiches) werden periodische Ueberfichten der erfolgten Straferlasse dem Bundesrathe
mitgetheilt werden (Art. 18 des Vertrags vom 8. Juli 1867). Obwohl der Ertrag
der Zölle und die Reichssteuern in die Reichskasse fließen, das Reich somit an der
Bestrafung der Zoll= und Steuervergehen ein eigenes Interesse hat, so soll hiernach
doch den Einzelstaaten das Recht zustehen, die erkannten Strafen (auch die frei-
willig übernommenen Strafen") ganz oder theilweise zu erlassen oder umzuwandeln.
Dieses Recht kann den Einzelstaaten nur durch verfassungsänderndes Gesetz entzogen
werden.
Aus der internen Verkehrs= und Handelsfreiheit könnte der Wegfall aller
Chausseegelder, Brückenzölle und dergl. gefolgert werden. Wenn diese
Folgerung abgewiesen wird, so könnte umgekehrt die Freiheit der Einzelstaaten und
Communen zur beliebigen Erhebung solcher Abgaben behauptet werden. Die Ver-
träge, zuletzt Art. 22 des Vertrages vom 8. Juli 1867, stellen die Frage klar.
Chaufseegelder und andere statt derselben bestehende Abgaben, ebenso Pflaster-,
Damm-, Brücken= und Fährgelder, oder unter welchem Namen dergleichen Abgaben
bestehen, ohne Unterschied, ob die Erhebung für Rechnung des Staates oder eines
Privatberechtigten, namentlich einer Commune, geschieht, sollen sowohl auf Chausseen
als auch auf unchausfirten Landstraßen, welche die unmittelbare Verbindung zwischen
den an einander grenzenden Vereinsstaaten bilden, und auf denen ein größerer
Handels= und Reiseverkehr stattfindet, nur in dem Betrage beibehalten oder neu
eingeführt werden können, als sie den gewöhnlichen Herstellungs= und Unterhaltungs-
kosten angemessen sind. In der Regel soll das Chausseegeld nicht die Sätze im
preußischen Chausseegeldtarife vom Jahre 1828 übersteigen. Oldenburg darf seine bis-
herigen Sätze beibehalten, aber nicht erhöhen. Besondere Thorsperr= und Pflaster-
gelder (neben den allgemeinen Chausseegeldern) sind aufgehobené.
Stapel= und Umschlagsrechte sind nicht mehr zulässig“.
Die Erhebung der Zölle erfolgt in den Formen und nach den Vorschriften,
welche in dem Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 (B.-G.-Bl. 1869, S. 317)
angegeben find. Dieses Gesetz ist vom Zollverein auf Grund Art.7 des Zollvereinigungs-
vertrages vom 8. Juli 1867 ergangen. Es gilt im ganzen Deutschen Reiche, außer den
Zollausschlüssen, insbesondere also auch außer Helgoland. Für Bayern datirt es
vom 26. September 1869 (G.-Bl. 1869, S. 1381), für Württemberg vom
10. Juli 1869 (Reg.-Bl. 1869, S. 225), für Baden vom 13. Juli 1869
(Ges.-Bl. 1869, S. 263) und für Südhessen vom 16. August 1869 (Reg.-Bl.
1869, S. 717). In Elsaß-Lothringen ist es durch Gesetz vom 17. Juli 1871
laut Bekanntmachung vom 2. August 1871 (Ges.-Bl. für Elsaß-Lothringen) seit
17. August 1871 eingeführt. Das Vereinszollgesetz ist für Norddeutschland ein
Gesetz des Norddeutschen Bundes, es ist aber nicht als Reichsgesetz erklärt worden;
es ist aber zweifellos ein Reichsgesetz in dem Sinne, wie dies jedes andere Gesetz
des Norddeutschen Bundes ist, namentlich im Sinne der Vorschrift in Art. 7, Ziff. 2 der
1 Vgl. Delbrück, S. 64. Auch für Souve- 2 Siehe Delbrück, Art. 40, S. 60, Arndt,
räne, in Bayern (Seydel, Bayer. Staats= Komm., S. 194, 195. «
recht, I. S. 627), auch für Standesherren ist Siehe weiter unten.
nachgelassen, daß die Bundesstaaten auf ihre 5 Von der Vorschrift in Art. 22 bestehen
Kosten die Zölle tragen. mancherlei Sonderrechte darstellende Ausnahmen.
Anerkannt im Beschlusse des Bundesraths ( Art. 24 des Vertrages vom 8. Juli 1867.
vom 29. April 1872, Protokolle von 1872, § 199.