Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

366 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
Reichsverfassung und des § 5 des Einführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung? 
und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, Art. 32. 
Als Grundsatz gilt (§ 1), daß alle Erzeugnisse der Natur wie des Kunst= und 
Gewerbefleißes im ganzen Umfange des Vereinszolls (Zollinlands) eingeführt, 
ausgeführt oder durchgeführt werden können. Ausnahmen hiervon können (8 2) 
zeitweise für einzelne Gegenstände beim Eintritt außerordentlicher Umstände (Krieg 
und Kriegsgefahr) oder zur Abwehr gefährlicher ansteckender Krankheiten (für 
Menschen oder Vieh) oder aus sonstigen Gesundheits- oder sicherheitspolizeilichen 
Rücksichten für den ganzen Umfang oder einen Theil des Vereinsgebietes angeordnet 
werden S. Beschränkungen sind in den Zolltarifsen gegeben. Ausfuhrzölle be- 
stehen nicht mehr. Der letzte Ausfuhrzoll auf Lumpen (im Interesse der Papier- 
fabrikation) ist durch Gesetz vom 7. Juli 1873 (R.-G.-Bl. 1873, S. 241), § 1, 
aufgehoben. Auch Durchfuhrzölle bestehen nicht mehr“ (Zollvereinigungsvertrag 
vom 8. Juli 1867, Art. 3, § 1, Abs. 2 und Vereinszollgesetz, § 6). Jedoch 
finden Beschränkungen des Durchfuhrverkehrs zu dem Zwecke statt, um den Absatz 
zollpflichtiger Waaren im Inlande ohne Zollentrichtung zu verhüten. Es können 
in öffentlichen Niederlagen, welche unter amtlicher Aufsicht stehen, zoll- 
pflichtige, zur Durchfuhr bestimmte Waaren unverzollt gegen Lagergeld gelagert 
werden (§8§ 97 bis 100 des Vereinsgollgesetzes). Dort können sie, unter Aufsicht 
der Beamten, getheilt, sortirt, gereinigt, umgepackt u. s. w. werden. Auch können 
zur Ergänzung, Auffüllung und dergl. Waaren aus dem freien Verkehr eingebracht 
werden, welche dadurch die Eigenschaft ausländischer unverzollter Waaren annehmen 
(§ 101 das.). In wichtigeren Seeplätzen können Freilager mit der Wirkung 
eingerichtet werden, daß sie als Zollausland gelten (§ 107). In gewissen Fällen 
können unter amtlichem Mitverschluß stehende Privatlager gestattet werden 
(§§ 108, 109). Die Zölle werden nur und erst dann erhoben, wenn die zoll- 
pflichtigen Gegenstände aus diesen Niederlagen in den freien Verkehr gebracht 
werden. Die erforderlichen Ausführungsverordnungen sind vom Bundesrathe 
erlassen; namentlich das Regulativ für öffentliche Niederlagen vom 5. Juli 1888 
(Reichs-Centralbl. 1888, S. 551, 860), Regulativ für Privatniederlagen vom 1. Julie 
1888 (I. c. 1888, S. 233), ferner vom 1. Mai 1894 (l. c. 1894, S. 248). 
Geht die Durchfuhrwaare unmittelbar durch das Zollinland hindurch, so muß 
sie unter Zollverschluß gehen, um „abgabenfrei“ zu sein. Ein sog. Begleit- 
schein ist dabei nicht erforderlich (§ 53 des Vereinsgollgesetzes). Ueber die zgoll- 
freie Durchfuhr von Passagiereffecten erging die Verordnung des Bundesraths vom 
30. Juni 1892 (Reichs-Centralbl. 1892, S. 472). 
Bei der Einfuhr werden Zölle erhoben, wenn solche von den Zolltarif- 
gesetzen vorgeschrieben find. Heute gilt das Zolltarifgesetz vom 15. Juli 1879 
(R.-G.-Bl. 1879, S. 207) in der Redaction vom 24. Mai 1885 (R-.G.-Bl. 1885, 
S. 111) mit zahlreichen Aenderungen, namentlich R.-G.-Bl. 1887, S. 533, 1894, 
S. 335, 1895, S. 233. · 
Unter gewissen Voraussetzungen bleiben zollpflichtige Gegenstände vom Eingangs- 
zolle frei (§ 5 des Zolltarifgesetzes): 1) Erzeugnisse des Ackerbaues und der Vieh- 
zucht von denjenigen außerhalb der Zollgrenze gelegenen Grundstücken, welche von 
innerhalb der Zollgrenze befindlichen Wohn= und Wirthschaftsgebäuden aus bewirth- 
schaftet werden, ferner Erzeugnisse der Waldwirthschaft, wenn die außerhalb der 
Zollgrenze gelegenen Grundstücke mindestens seit dem 15. Juli 1879 ein Zubehör 
des inländischen Grundstücks bilden. 2) Kleidungsstücke und Wäsche, gebrauchte, 
welche nicht zum Verkauf eingehen; gebrauchte Hausgeräthe und Effecten, gebrauchte 
Fabrikgeräthschaften und gebrauchtes Handwerkszeug von Anziehenden zur eigenen 
Benutzung; auch auf besondere Erlaubniß neue Kleidungsstücke 5, Wäsche und 
  
1 Siehe Arndt, Komm., S. 115, Hänel, 4 Sie waren in Preußen eingeführt im Ge- 
Staatsrecht, S. 281. setze vom 26. Mai 1818 (Preuß. Ges.-S. 1818, 
2 Motive zur Reichsstrafprozeßordnung, S. S. 683) und richteten sich in ihrer Wirkung 
256, Löwe, Comm., Anm. 2 zu § 5 der Str.= hauptsächlich gegen die übrigen deutschen Staaten. 
— icht unverarbeitete, wohl aber die zu 
2 Siehe oben S. 360. einem bestimmten Zwecke zugeschnittenen.
	        
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