Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

368 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
z. B. bei Vieh, Wagen, Schlitten, Hütten, Tonnen Heringen, nach der Stückzahl; 
nach dem Werthe bei Eisenbahnfahrzeugen, nach Maß bei Bau-- und Nutzholz. 
Die Gewichtszölle werden nach dem Bruttogewicht erhoben (§ 2 des Zolltarif- 
gesetzes): a) wenn der Tarif dies ausdrücklich vorschreibt, b) für Waaren, für welche 
der Zoll 6 Mark von 100 Kilogramm nicht übersteigt. Im Uebrigen wird den 
Gewichtszöllen das Nettogewicht zu Grunde gelegt. Bei der Ermittelung des 
Nettogewichts von Flüssigkeiten wird das Gewicht der unmittelbaren Umschließungen 
(Fässer, Flaschen u. s. w.) nicht in Abzug gebracht. Für die übrigen Waarengattungen 
bestimmt der Bundesrath die Procentsätze des Bruttogewichtes, nach welchen das 
Nettogewicht berechnet werden kann. 
Unter welche Pofition des Zolltarifs eine bestimmte Waare fällt, bestimmt sich 
nach dem „amtlichen Waaren verzeichniß“!, einer im Buchhandel erschienenen 
Rechtsverordnung des Bundesrathes. Beschwerden über die Anwendung des Tarifs 
im einzelnen Falle werden, unter Ausschluß des Rechtsweges, im Verwaltungswege, 
d. h. in letzter Instanz, gemäß Art. 7, Ziff. 3 der Reichsverfassung vom Bundes- 
rathe entschieden (§ 12 des Vereinsgzollgesetzes). So weit, nicht weiter ist der Rechts- 
weg ausgeschlossen. Andere Fragen, also wie z. B. die, wer den Zoll zu tragen 
hat, ob der Zollanspruch durch Bezahlung oder Verjährung erloschen ist, ob 
eine besondere gesetzliche Befreiung von der Zollpflicht besteht, oder ob die betreffende 
Tarifposition nicht gesetzlich aufgehoben ist, sind durch das Vereinszollgesetz nicht 
dem Rechtswege entzogen 2. Die im Verwaltungswege getroffene Festsetzung der Höhe 
des Zolls ist daher für den Richter auch bei Normirung der Strafe für Zollvergehen 
(§ 135 des Vereinszollgesetzes) nicht bindend, da der Richter alle auf die That und 
deren Strafbarkeit Bezug habenden Merkmale feststellen muß s. 
Zur Entrichtung des Zolles ist dem Staate gegenüber Derjenige verpflichtet, 
welcher zur Zeit, wo der Zoll zu entrichten ist, Inhaber (natürlicher Besitzer) des 
zollpflichtigen Gegenstandes ist oder welcher den zollpflichtigen Gegenstand aus einer 
öffentlichen Niederlage entnimmt (§ 13 des Vereinszollgesetzes). 
Die zollpflichtigen Gegenstände haften ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter 
für den Zoll und können bis zu dessen Bezahlung von der Zollbehörde zurück- 
behalten und beschlagnahmt werden. In keinem Falle kann vor Befriedigung der 
Zollansprüche die Verabfolgung der Waaren von Gerichten, Gläubigern u. s. w. ver- 
langt werden (§ 14 des Vereinsgollgesetzes). 
Zollansprüche verjähren nach § 15 des Vereinszollgesetzes in einem Jahre. 
Zolleredite können auf Gefahr der Einzelstaaten von diesen bis zur Dauer von 
drei Monaten gewährt werden. 
Zollpflichtige Gegenstände dürfen im Grenzgebiete nur auf den Zollstraßen 
und nur zu den vorgeschriebenen Tageszeiten befördert werden (§ 21 des Vereins- 
zollgesetzes), widrigenfalls das Zollvergehen als vollendet gilt (§ 136 das.). Zoll= 
pflichtige Waaren find vom Waarenführer beim Eingang in das Zollgebiet zu 
declariren (§8 22 f.. das.). Im Unterlassungsfalle gilt das Vergehen für 
vollendet (§ 136 das.). Im Grenzgebiete unterliegen zollpflichtige Gegenstände 
einer Transportcontrole (§ 119 das.). Desgleichen unterliegt der Gewerbebetrieb 
mit zollpflichtigen Waaren im Grenzgebiete besonderen Einschränkungen ( 124 das.). 
Die Zollbehörden haben das Recht, im Grenzgebiete Revisionen und Haussuchungen 
vorzunehmen (8§ 126), auch verdächtige Personen einer körperlichen Visitation zu 
unterwerfen (§ 127). 
Für Waaren, welche aus Staaten kommen, welche deutsche Schiffe oder Waaren 
deutscher Herkunft ungünstiger behandeln als diejenigen irgend eines anderen 
Staates s, kann ein Zuschlag bis zu 100 Procent zum gewöhnlichen Zollsatze und 
  
1 Das Waarenverzeichniß ist ebensowenig S. 34 ff., Bd. XVI, S. 37 ff. 
und ebensosehr eine Verwaltungsvorschrift wie 2 Entsch. des Reichsger. in Straff., Bd. VII, 
das Strafgesetzbuch; denn wie dieses bestimmt, S. 220, Bd. VIII, S. 390, Bd. XII, S. 1. 
ob und in welcher Höhe Jemand strafbar ist, so 4* v. Auffseß, in Hirth's Annalen 1893, 
bestimmt das Waarenverzeichniß, ob Etwas zoll= S. 390 ff. 
pflichtig und in welcher Hohe es zoustichtig 9 o M. Schraut, System der Handelsver- 
2 Entsch. des Reichsger. in Civils., Bd. I,/träge und der Meistbegünstigung, S. 11.
	        
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