388 Siebentes Buch. Finanzwesen.
Steuerbehörden haben bei Vermeidung disciplinarischer Ahndung alle Staats= und
Communalbehörden (auch Richter und Notare) die gehörige Stempelverwendung zu
prüfen und die ungehörige zur Anzeige zu bringen.
Dem Wechselstempel unterliegen in gleicher Weise auch die an Ordre lautenden
Zahlungsversprechen (billets àa ordre) und die von Kaufleuten oder auf Kaufleute
ausgestellten Anweisungen (Assignationen) jeder Art auf Geldauszahlungen, Accre=
ditionen und Zahlungsaufträge, gegen deren Vorzeigung? oder Auslieferung? die
Zahlung geleistet werden soll, ohne Unterschied, ob sie in Form von Briefen oder
in anderer Form ausgestellt find, ausgenommen nur 1) die als Bezahlung dienenden,
auf Sicht zahlbaren Platzanweisungens und Checks, aber nur, wenn sie ohne Accept
bleiben"“, 2) Accreditive, die bestimmten Personen einen Maximal= oder un-
begrenzten Credit zur beliebigen Benutzung anweisen, 3) Banknoten und andere
Papiere auf den Inhaber, welche auf Sicht zahlbar und vom Aussteller auf sich
selbst ausgestellt sind (§ 24).
III. Nach den früheren Zollvereinsvertägen waren (neben dem Salz) Spiel-
karten vom freien Verkehr ausgeschlossen (Vertrag vom 22. März 1833, Art. 7, 9).
Vielfach war die Herstellung der Spielkarten ein Monopol des Staates. Ueberall
unterlagen Spielkarten einer in Stempelform erhobenen Landesverbrauchssteuer,
während die Einfuhr aus anderen Vereinsstaaten verboten war.
Am 1. Januar 1879 trat das (Reichs-)Gesetz, betreffend den Spielkarten-
stempel, vom 3. Juli 1878 (N.-G.-Bl. 1878, S. 133) in Kraft. Dieses giebt den
Verkehr mit Spielkarten unter den Bundesstaaten frei und unterwirft den Gebrauch
der Spielkarten nach dem Vorbilde des preußischen Gesetzes, betr. die Stempelsteuer
von Spielkarten, vom 23. Dezember 1867 (G.-S. 1867, S. 1921) einer Verbrauchs-
abgabe, welche in Form einer zur Staats-(Reichs-)Kasse fließenden Stempelabgabe
erhoben wird. Stempelpflichtig find Spielkarten, d. h. Karten, mit denen
ohne Weiteres gespielt werden kann, gleichviel, ob dazu noch eine besondere Ver-
abredung der Spieler hinzugetreten ist oder nicht 5, auch wenn nur ein sonst
übliches Kartenblatt darin enthalten ist", auch Karten nach dem Muster der
Lenormand'schen Wahrsagekarten 7. Die Abgabe beträgt 0,30 Mk. für jedes Karten-
spiel mit 36 oder weniger Blättern, 0,50 Mk. für jedes andere Spiel. Die aus
48 Blättern bestehenden sog. Widderkarten find als Doppelspiel anzusehen und
mit zusammen 60 Pf. 5, das aus zwei Spielen bestehende Geigelspiel? ist mit
zweimal 50 Pf. zu versteuern. Gegen Entrichtung dieser Abgaben erfolgt die Ab-
stempelung der Karten. Vom Zollauslande eingehende Spielkarten unterliegen
dem Eingangszolle und sind beim Eingange wie beim Empfange der Steuerbehörde
zur Abstempelung gegen Entrichtung der gesetzlichen Stempelsteuer vorzulegen (§ 3).
Die Errichtung und der Betrieb von Spielkartenfabriken ist beschränkt; er
darf nur in Orten, wo eine Zoll= und Steuerbehörde sich befindet, und nur in den
dazu genehmigten Räumen stattfinden (§§ 4, 5). Außerdem stehen die Fabriken
1 Durch Indossament übertragbaren. Der
Ausdruck „an Ordre"“ ist nicht unumgänglich
wothwenhig.“ Entsch. des Ober-Handels er., Bd.
s. auch Entsch Neichsger. in
Staaff. Bd. xviũ, S.
Geestemünde, 10) Stuttgart und Cannstatt, 1h
Ulm und Neu-Ulm, 12) Mannheim und W’m3
hafen, 13) Regensburg und Stadtamhof,
Nürnberg und Fürth, 15) Mainz und anheel
erenfalls find sie zu versteuern.
1# Inhabers des gottern vgl. Oppen-
hoff, 1. c. Bd. XI, S. 4
s Ischaffenburg mit #n, Ottensen und
Neumünster mit Hamburg und Altona, Mainz
mit Zahlbach, Darmstadt mit Bessungen gelten
als lein Platz (Protokolle des Bundesrathes
1, §§ 348 und 371). In diesem Sinne
pel noch ferner als ein Platz: 1) Ham-
burg und Altona, 2) Magdeburg, Suden- S
burg, Buckau und Neustadt, 83 Elberfeld und
Barmen, 4) Aachen und Burtscheid, 5) Frank-
furt a. M. und Bockenheim, 6) Saarbrücken und
St. Johann, 7) Ernstthal und Hohenstein, 8)
Annaberg und Buchholz, 9) Bremerhaven und
*s Oppenhoff, Nechtsprechung des Ober-
Tribunals in Straff., V XIII, S. 205, Bd.
S#. 593; siehe auch ee Centralbl. 1882
6 Bundesrathsbeschluß vom 5. April 1880,
Protokolle § 224.
7 Reichs-Centralbl. 1879, S. 286; fiehe auch
Rechtfporechung des Reichsger. in Straff. . Bd. II,
#8 Vendenrathebefül vom 8. Nov. 1833 im
Reichs- Centralbl. 1833, S. 333.
* Bekanntmachung vom 11. November 1878,
Reichs-Centralbl. 1878, S. 623.