480 Achtes Buch. Reichskriegswesen.
Contingenten. Dieser Unterschied ist der, daß über die von dem Recht des Deutschen
Bundes, der Bundeskriegsverfassung vom 9. April 1821 angeordneten Contingente
nicht der Bund, sondern die Bundesstaaten bezw. deren Landesherren die Macht
und den Befehl hatten, daß die Landesherren sogar die Bundescontingente gegen
den Bund commandiren und führen konnten, und daß ihre Truppen nur ihnen
und nur auf ihren Befehl dem Bundesfeldherrn zu gehorchen hatten, während alle
Truppen und alle Contingente des heutigen deutschen Heeres, des Reichsheeres,
einem einzigen militärischen Befehle unterstellt find, unbedingt den Befehlen des
Kaisers gehorchen müssen, nicht aber beim Widerstreit beider ihren Contingents-
herren und ihren Landesherren. Wie viel Ehren dem Landesherrn auch zustehen
mögen, wie viel Hoheit und Herrlichkeit ihm die Rücksichtnahme einräumt, das
Contingent hat dem Kaiser auf militärischem Gebiete unbedingt und, wenn dieser
undenkbare Fall eintreten sollte, selbst gegen seinen Contingents= und Landesherrn
zu gehorchen 7.
Die Regimenter, Brigaden, Divifionen, Armeecorps u. s. w. führen fortlaufende
Nummern.
Nach Art. 1 der Convention mit Sachsen vom 7. Februar 1867 formirten.
die Sachsen ein geschlossenes Armeecorps; dieses war das XII. Nach dem Ge-
setze, betreffend Aenderungen des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874, vom
25. März 1899 (R.-G.-Bl. 1899, S. 215) wird Sachsen zwei Armeecorps bilden.
Diese wie die sächsischen Divisionen, Brigaden, Regimenter u. s. w. find eingereiht
(einnumerirt) und einzureihen in das deutsche Heer. Nach der Militärconvention
mit Baden vom 25. November 1870 bleibt das badische Contingent zwar un-
getrennt, ist aber unmittelbarer Bestandtheil der preußischen Armee. Baden stellt
ein Armeecorps. Die Königlich württembergischen Truppen als Theil dez
deutschen Heeres bilden nach Art. 1 der Convention vom 21./25. November 1870
ein in sich geschlossenes Armeecorps, das in allen seinen Bestandtheilen in das
Heer eingereiht ist.
Alle Reichstruppen sind im Wesentlichen gleich zu kleiden, mit gleichen Grund-
farben und gleichem Schnitt. Maßgebend find die der preußischen Armee (Art. 63,
Abs. 2 der Reichsverfassung). Der Kaiser kann, soweit er auf dieses Recht in Con-
ventionen nicht verzichtet hat, jederzeit Farben und Schnitt ändern, wie überhaupt
neue Regeln über die Bekleidung geben. Diese Regeln gelten sofort im preußischen
Contingente. Die übrigen Contingente haben fie alsbald bei sich einzuführen
(Art. 63, Abs. 5). Doch soll es nach dem letzten Satze in Abs. 2 des Art. 63 dem
betreffenden Contingentsherrn überlassen bleiben, die äußeren Abzeichen (Co-
carden u. s. w.) zu bestimmen. Der Kaiser hat am 22. März 18977 angeordnet,
daß das Heer von nun an die Farben des gemeinsamen Vaterlandes anlegt: das
Wahrzeichen der errungenen Einheit, die deutsche Cocarde, die nach dem ein-
müthigen Beschlusse der hohen Verbündeten (Bayern, Sachsen, Württem-
berg) ihren Truppen ebenfalls verliehen wurde. Demgemäß bestimmte der Kaiser
nach freier Uebereinkunft mit seinen Verbündeten, daß 1) am Helm die deutsche Cocarde
rechts, die Landescocarde links getragen wird, und daß an der Feld-, Schirm= und
Dienstmütze die Landescocarde auf dem Besatzstreifen und die deutsche Cocarde
darüber auf der Mitte des Grundtuchs sitzt; 2) daß das Anhaltische Infanterie-
Regiment Nr. 93 nebst den Bezirkscommandos Dessau und Bernburg neben der
deutschen Cocarde die Landescocarde des Herzogthums Anhalt, I. Bataillon des
3. Thüringischen Infanterie-Regiments und das Bezirkscommando Sondershausen
die Landescocarde des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen, 8. Thüringische
Infanterie-Regiment Nr. 153 die Landescocarde des Herzogthums Sachsen-Alten-
burg (Herzoglich sächsische Cocarde), II. Bataillon 7. Thüringischen Infanterie-
Regiments Nr. 96 und das Bezirkscommando Gera die Cocarde der Fürstenthümer
Reuß älterer und jüngerer Linie, III. Bataillon 7. Thüringischen Infanterie-
Regiments Nr. 96 die des Fürstenthums Schwarzburg-Rudolstadt, III. Bataillon
1 Siehe oben S. 452. 1 * Preuß. Armeeverordnungsbl. 1897, Extra-
nummer.