Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 50. Stärke und Zusammensetzung des stehenden Heeres. 513 
Zweifellos kommt das Veto Preußens auch dann zur Geltung, wenn die Präsenz- 
stärke statt in einem besonderen Gesetze im Etatsgesetz festgesetzt werden soll7. 
Unter der Friedenspräsenzstärke war ursprünglich, d. h. zur Zeit des Nord- 
deutschen Bundes und bis zum Gesetze vom 3. August 1898, zu verstehen der Bestand 
an Mannschaft und Unterofficieren; dagegen waren nicht einzurechnen die Officiere, 
Aerzte, Militärbeamten und die Einjährig-Freiwilligen . In diesem Sinne wurde 
die Friedenspräsenz durch Gesetz vom 9. Dezember 1871 (R.-G.-Bl. 1871, S. 411) 
auf 401,659, durch das Reichs-Militärgesetz vom 2. Mai 1874 (R.-G.-Bl 1874, 
S. 45) verlängert bis zum 31. Dezember 1881, durch Gesetz vom 6. Mai 1880 
(K.-G.-Bl. 1880, S. 103) bis zum 31. März 1888 auf 427,274, durch Gesetz 
vom 11. März 1887 (R.-G.-Bl. 1887, S. 117) bis zum 31. März 1894 auf 
468,409 und durch Gesetz vom 15. Juli 1890 (R.-G.-Bl. 1890, S. 140) bis zum 
31. März 1894 aufs 486,988 Mann festgesetzt. Nach dem heutigen Rechte, den 
Gesetzen vom 3. August 1893 und 25. März 1899, find auch die Unteroffi- 
ciere in die Präsenz nicht eingeschlossen, wohl aber die Gefreiten und Ober- 
gefreiten. Mit dieser Maßgabe belief sich nach dem Gesetze vom 3. August 1893 
(R.-G.-Bl. 1893, S. 233) die Präsenzstärke bis zum 31. März 1899 auf 
479,229 Mann, zählte die Infanterie 538 Bataillone und 173 Halbbataillone, 
die Cavallerie 465 Escadrons, die Feldartillerie 494 Batterien, die Fußartillerie 
37 Bataillone, die Pioniere 28, Eisenbahntruppen 7 und Train 21 Bataillone. 
Dieses Gesetz wurde durch Gesetz vom 28. Juni 1896 (R.-G.-Bl. 1896, S. 179) 
dahin abgeändert, daß vom 1. April 1897 ab die Infanterie in 624 Bataillone, 
die Cavallerie in 465 Escadrons, die Feldartillerie in 494 Batterien, die Fuß- 
artillerie in 37 Bataillone, die Pioniere in 23 Bataillone, die Eisenbahntruppen 
in 7 und der Train in 21 Bataillone formirt werden sollten. Das Gesetz, be- 
treffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres, vom 25. März 1899 
(R.-G.-Bl. 1899, S. 213), Art. I, § 1 des Gesetzes vom 3. August 1898 bleibt 
mit den durch das Gesetz vom 28. Juni 1896 bestimmten Aenderungen bis zum 
30. September 1899 in Kraft. Art. I, § 2: Vom 1. Oktober 1899 ab wird die 
Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres als Jahresdurchschnittsstärke allmählich 
derart erhöht, daß sie im Laufe des Rechnungsjahrs 1903 die Zahl von 495,500 
Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten erreicht und in dieser Höhe bis zum 
31. März 1904 bestehen bleibt. — An der Friedenspräsenzstärke sind die Bundes- 
staaten mit eigener Militärverwaltung nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer be- 
theiligt. — Die Einjährig-Freiwilligen kommen (wie auch früher) auf die Friedens- 
präsenzstärke nicht in Anrechnung. — In offenen Unteroffizierstellen dürfen 
Gemeine nicht verpflegt werden. Art. I, § 3 des Gesetzes vom 25. März 1899 be- 
stimmt sodann: Am Schlusse des Rechnungsjahres 1902 sollen bestehen: bei der 
Infanterie 625 Bataillone, bei der Kavallerie 482 Eskadrons, bei der Feldartillerie 
574 Batterien, bei der Fußartillerie 38, bei den Pionieren 26, bei den Verkehrstruppen 
11 und bei dem Train 23 Bataillone. Bei den 482 Eskadrons find die Jäger zu 
Pferde (Meldereiter) mit einbegriffen. I, § 4: In den einzelnen Rechnungsjahren 
unterliegt die Erhöhung der Friedenspräsenzstärke nach Maßgabe des § 2 dieses 
Gesetzes und die Vertheilung jener Erhöhung auf die einzelnen Waffengattungen, 
ebenso wie die Zahl der Stellen für Offiziere, Aerzte, Beamte und Unteroffiziere der 
Feststellung durch den Reichshaushalts-Etat. 
Was tritt nun ein, wenn kein Gesetz über die Friedenspräsenzstärke zu Stande 
kommt? Laband, Reichsstaatsrecht, II, S. 561, ist der Meinung, daß, wie 
einerseits die Zustimmung des Kaisers zu jeder gesetzlichen Aenderung der bisher 
bestehenden Präsenzstärke erforderlich ist, andererseits die gesetzliche Grundlage der- 
selben nur durch übereinstimmende Mehrheitsbeschlüsse des Bundesraths und des 
Reichstages geschaffen und verlängert (also auch verändert) werden könne, weil 
diese Rechtsgrundlage ipso jure mit dem im Gesetze selbst festgesetzten Endtermine 
—— — 
1 Siehe oben S. 182, Laband, II, S. 561.den Reichstages 1867, S. 571, v. Savigny, 
2 Siehe Sten. Ber. des verfassungsberathen= im Archiv für öffentl. Recht, III, S. 216. 
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. 83 
  
  
 
	        
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